Düsseldorf Die Vorkämpferin für das Ökotop
Annette Klotz gehört zu jenen Pionieren, die als Spielplatzgruppe begannen und schließlich den ersten ökologischen Bau in NRW auf 16 Hektar Land durchsetzten.
Düsseldorf. „Ich bin von Anfang an im Ökotop dabei“, sagt Annette Klotz. 1973 zog sie mit ihrer Familie nach Düsseldorf-Heerdt direkt neben den Inspirator und Ideenträger Klaus Spitzer. Der hatte mit Freunden aus dem Bürgerverein Heerdt-Handweiser 1971 eine Bürgerinitiative gegründet, um die Lebensqualität in Heerdt zu verbessern. Vor allem den Kindern sollte es besser gehen. Es war die Zeit des Aufbruchs und der Abenteuerspielplätze. „Wir wollten einen Spielplatz, der sich von den Metallgerüsten der Stadt unterschied“, sagt sie.
Geld war nicht da, dafür gab es umso mehr Ideen. Man war erfinderisch. So entstand eine Rutschbahn, die vom „Berg“ herunterging, aber keine Stufen hatte. Annette Klotz erzählt: „Wir haben die Erde zusammengetragen und zwei Rutschbahnen nebeneinander gebaut. Allerdings waren die Holzschwellen von der Eisenbahn giftig, was wir erst später erfuhren. Die anti-autoritäre Erziehung war uns wichtig.“
„Wir wollten die Kinder in einem anderen Kontext erziehen, als wir selber erzogen waren. Wir hatten Laufflächen im Sandkasten mit verschiedenen Höhen. Die Kinder sollten selbst entscheiden, von welcher Höhe sie springen, und sich nicht von den Eltern sagen lassen, was für sie richtig ist, denn Eltern haben immer Angst. Es gab kein Geländer und keine DIN-Normen“, erinnert sie sich. Heute ist der Freizeitpark Heerdt allerdings nach Normen gebaut, denn die Stadt hat das Sagen. Es wurde alles umgeändert, selbst die Stufen sind nun genormt. Stadt und Land geben viel Geld aus, damit dies so bleibt.
In den 1980er Jahren kam der Umweltgedanke auf. So wurde in der „Kerngruppe“, zu der Klaus Spitzer wie Annette Klotz gehörten, auch das Ökotop Heerdt geplant. „Es gab Leute in der Spielplatzgruppe, die zehn Ohren für die politische Entwicklung hatten. Sie wussten immer, wo es neue Trends in Deutschland, der Schweiz und den nordischen Ländern gab. Und dann gab es Leute wie Klaus Brückner und Josef Piper, die stellten die jeweils neuen Kontakte her und organisierten alles“, sagt sie.
Es war die Zeit, als die Stadt Düsseldorf die ersten Flächennutzungspläne entwarf. Für Heerdt sah es traurig aus. Zu dem vielen Gewerbe, das es damals noch gab, sollte noch ein 16 Hektar großes Areal hinzukommen. Hier setzte die Gegenbewegung ein. Annette Klotz denkt daran, wie sie mit dem Kinderwagen auf den Friedhof oder am Rhein spazieren ging, denn das seien die einzigen Freiflächen gewesen. Heute erklärt sie: „Es fehlte einfach an Grün. Wir hatten schon bis zu 75 Prozent Gewerbebauten. Wir sammelten Unterschriften, aber auf unsere Weise. Wir organisierten keine Protest-Bewegung, sondern entwickelten immer zugleich Alternativen, in Zusammenarbeit mit den Hochschulen in Karlsruhe und Essen.“ Die Hochschule Karlsruhe schuf die Pläne für das Ökotop Heerdt.
Warum nun aber Ökotop, woher kommt der Name? Annette Klotz hat die Antwort parat: „Ökologie ist seit Tschernobyl wichtig geworden. Uns ging es aber auch um Utopien, um eine Stadtentwicklung für die Zukunft. Deshalb haben wir beide Begriffe zu einem Kunstbegriff vereint.“
Die Stadt sei eher zurückhaltend gewesen, aber es gab einige Unterstützer. Planungsamtsleiter Kurt Schmidt habe als einziger in der Stadt das Projekt von Anfang an verstanden. Große Unterstützer waren auch der damalige Bezirksvorsteher Wolfgang Kamper (CDU) und der SPD-Politiker Karl Josef Keil.
1991 wurde der Bebauungsplan rechtskräftig, denn das Wunder geschah: Der Rat stimmte einstimmig dafür, dass 16 Hektar für das Ökotop freigehalten wurden. Je ein Drittel war für den ökologischen Wohnungsbau, die Mietergärten und eine öffentliche Grünanlage bestimmt.
Der Verein konnte die LEG für die Bebauung gewinnen und hatte in Kurt Friese einen kompetenten Architekten, der auch beim Salzmannbau bewies, wie man die Bürgerinitiativen einbindet. Die LEG baute den ersten sozialen Wohnungsbau in NRW. Die Gebäude an der Krefelder Straße wurden Musterprojekte. Sogar den Marktplatz als zentrale Bebauung konzipierte Friese noch.
Annette Klotz war jahrelang zweite beziehungsweise erste Vorsitzende. Vor vier Jahren trat sie zurück und übernahm die selbstorganisierte Altenarbeit. Sie kümmert sich nun um Menschen im Ruhestand. Es gibt sogar eine Gruppe „Uhus“, das sind die Unter-Hundertjährigen. Ihr Motto an andere, die sich gleichfalls den Mitmenschen verpflichtet fühlen, lautet: „Man muss immer mehr wissen als die Leute, mit denen man verhandelt. Wir haben uns stets schlaugemacht, damit wir argumentieren konnten.“