DRK-Geschäftsführer Fischer: „Wir ermöglichen Teilhabe“
Düsseldorf. DRK-Geschäftsführer Stefan Fischer redet im WZ-Interview über Aufgaben und Image des Roten Kreuzes.
Herr Fischer, Sie forcieren gerade die Öffentlichkeitsarbeit. Warum eigentlich? Das Rote Kreuz ist doch bekannt genug.
Stefan Fischer: Das sollte man meinen, schließlich sind wir die größte humanitäre Organisation der Welt. Tatsächlich aber wissen viele Leute bis hin zu unseren Mitgliedern längst nicht, was wir alles machen. Die meisten verbinden mit uns noch immer nur Rettungsdienst, Blutspenden und Altkleidersammlung.
Warum reicht das nicht?
Fischer: Weil wir getreu unserem Motto „Aus Liebe zum Menschen“ überall da sein wollen, wo Hilfe benötigt wird. Da reicht das Aufgabenspektrum von der Kleinkind- bis zur Hochbetagtenbetreuung. Dem stellen wir uns in Düsseldorf in wachsendem Maße, indem wir zum Beispiel immer mehr Kitas betreiben.
Ein DRK-Grundsatz ist Unparteilichkeit. Ihr Vorsitzender Olaf Lehne etwa ist CDU-Politiker, wie verträgt sich das?
Fischer: Das stimmt, aber der Vorgänger von Herrn Lehne war ein strammer Sozialdemokrat. Nein, wir sind parteipolitisch überhaupt nicht gebunden und fragen nie nach dem Parteibuch.
Wohlfahrtsverbände rangeln mit der Stadt öfter mal um Projekte und Zuschüsse — wie ist Ihr Verhältnis zur Stadt?
Fischer: Gut. Wir haben bewusst den Dialog zu Verwaltung und Politik im Rathaus intensiviert, obwohl wir aus dem Rahmenvertrag nur geringe Zuschüsse bekommen. Ich schätze es, dass die Stadt nichts verspricht, was dann nicht zu halten ist.
Eine große Belastung ist die Hängepartie beim neuen Seniorenzentrum Grafental.
Fischer: Die hat uns in der Tat viel Geld und Nerven gekostet. Leider hatte der mittlerweile insolvente Bauträger nicht viel Ahnung von dem Projekt und hat all unsere Warnungen überhört. Eigentlich sollten die Bewohner im Oktober 2012 einziehen. Jetzt sind wir aber froh, die Bauarbeiten in Eigenregie beenden zu können, so dass Anfang Februar die 89 Bewohner einziehen können. Das wird ein hochmodernes Zentrum, das zudem noch über 18 Tagespflegeplätze und 23 betreute Wohnungen verfügt.
Zum Kern Ihres Tuns als DRK: Was ist die größte gesellschaftliche Herausforderung?
Fischer: In meinen Augen ist das wichtigste überhaupt, Vereinsamung zu vermeiden und Teilhabe zu ermöglichen. Das fängt beim Kitaplatz fürs Kleinkind an, betrifft die Schülerbetreuung mit Mittagessen und Ganztag. Dann ein Angebot wie die Düsselferien, das auch ärmeren Kindern Urlaubserlebnisse bietet. Eltern wiederum müssen am Berufsleben teilhaben, da sind wir auch bei Beschäftigungsförderung für schwer Vermittelbare. Am Ende steht die Seniorenhilfe in der alternden Gesellschaft. Pflege wird nicht so gefördert und vergütet, wie es sein müsste. Es gibt zu wenig Personal und das muss zudem immer mehr dokumentieren. Wenn ein Demenzkranker weint, tröstet man ihn. Aber bezahlt wird das nicht.
Wie sehr drückt der Personalmangel?
Fischer: Ja, wir brauchen mehr Haupt- und Ehrenamtler und es wird immer schwieriger, sie zu finden. Das liegt auch am verzerrten Bild, das bisweilen von einem Beruf wie dem des Altenpflegers gezeichnet wird.
Was unternehmen Sie für ein besseres Image?
Fischer: Wir öffnen uns, zeigen, was wir tun und wie befriedigend das ist. Deshalb waren die Zivis so wichtig, da hat man soziale Berufsfelder kennengelernt und Sozialkompetenz gewonnen. Ich bin ganz dezidiert für ein soziales Pflichtjahr für Jungen und Mädchen. Außerdem bieten wir allen Auszubildenden in der Pflege eine Übernahmegarantie, viele Fortbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.