Sprecher der Kita-Eltern kritisieren die Stadt Streit um Betreuungszeiten – „Die Eltern von Kleinkindern werden bevormundet“
Düsseldorf · In der Tagespflege soll künftig der Bedarf der Eltern dominieren. Pauschal will die Stadt nur noch 35 Stunden pro Woche abrechnen. Der Widerstand gegen diese Neuerung hält an. Jetzt rückt die Entscheidung näher.
Die Debatte um die Zukunft der Tagespflege in Düsseldorf geht auf die Zielgerade. Kommende Woche soll der Jugendhilfeausschuss eine Reform der kommunalen Richtlinien beschließen. Die Vorlage ist noch in der Feinabstimmung, sorgt aber bereits seit Wochen für Entrüstung bei den Interessenvertretern der Tageseltern sowie bei einer Reihe von Familien. Im Zentrum der Kritik steht die Verkürzung der pauschal vergüteten Betreuung auf 35 Wochenstunden. Wer sein Kind länger betreuen will, soll künftig eine Arbeitszeitbescheinigung seines Arbeitgebers vorlegen oder alternativ ein Gespräch mit städtischen Mitarbeitern führen. Tageseltern befürchten deshalb Einkommenseinbußen.
Deutliche Kritik formuliert nun auch der Jugendamtselternbeirat (JAEB), die stadtweite Interessenvertretung der Düsseldorfer Kita-Eltern. Die Pläne der Verwaltung erschwerten den Wiedereinstieg in den Beruf, heißt es in der aktuellen Stellungnahme. Insbesondere Frauen würden durch die neuen Regeln zu kürzeren Arbeitszeiten gedrängt, „mit verheerenden Folgen für ihre beruflichen Entwicklungschancen, für ihre finanzielle Situation und ihre spätere Rente“. Hinzu komme, dass es für viele junge Familien in einer Stadt wie Düsseldorf kaum noch möglich sei, von einem Einkommen alleine zu leben. Zudem bevormunde der neu geschaffene Rechtfertigungszwang die Düsseldorfer Eltern.
Stephan Glaremin, Leiter des Amtes für Soziales und Jugend, hält diese Befürchtungen für unbegründet. Es gehe bei den Änderungen nicht um Kontrolle oder Druck, sondern um die faire Ermittlung tatsächlicher Bedarfe, hatte er zuletzt betont. Und dieser Bedarf müsse künftig vorrangig von den Eltern selbst benannt und definiert werden.
Bislang machten hier häufig die Tageseltern direkt oder indirekt Vorgaben. Wer einen Platz bei den jeweils ins Auge gefassten Tageseltern wolle, erhalte nicht selten die Ansage, dass beispielsweise nur 40- oder 41-Wochenstunden-Plätze angeboten werden könnten.
Der Zusicherung des Amtsleiters und seines Teams, dass Eltern auch weiterhin ihre Betreuungszeiten frei wählen können, trauen die Sprecher der Kita-Eltern nicht. Eltern seien nach der Änderung auf den guten Willen und die Auslegung durch Sachbearbeiter angewiesen. „Jede Zusicherung ,wohlwollend zu beurteilen‘ ist wertlos, da jederzeit änderbar“, argumentieren sie.
Kritisch blickt Bastian Schubert, Vater und JAEB-Vorsitzender, zudem auf den Zeitplan. „Es ist da im Moment viel zu viel Panik im System, weil das Ganze bereits ab August umgesetzt werden soll“, sagt er und plädiert für eine Vertagung der umstrittenen Vorlage. Ob es so kommen könnte, bleibt vorerst offen. Paula Elsholz, Grünen-Ratsfrau und Vize-Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, geht davon aus, dass die Vorlage nicht als Ganzes in den Herbst geschoben wird. „Aber wir werden noch mit anderen Fraktionen sprechen. Und selbstverständlich sind Änderungsanträge denkbar und möglich.“
Bis zur Sitzung machen die Tageseltern weiter Druck. So erreichen in diesen Tagen viele Postkarten Oberbürgermeister Stephan Keller sowie das Amt für Soziales und Jugend. Gestaltet wurden die bunten Karten von Kindern – entweder in der Tagespflege oder zu Hause. Auf ihnen bitten die Familien darum, die neuen Regeln zu überdenken.
„Wir brauchen Zeit zum Wachsen und Flexibilität für unsere Eltern“ oder „Ich will lieber frühkindliche Bildung als mit in den Supermarkt“ lauten die Botschaften, mit deren Hilfe erreicht werden soll, dass die Wochenstunden – analog zu den Kitas – auch bei Tageseltern bis zu einer Höhe von 45 Wochenstunden vollkommen frei wählbar bleiben.