Umwelt #TrashtagChallenge: Einfach mal Müll sammeln

Düsseldorf · Unter dem Hashtag #TrashtagChallenge sammeln Menschen weltweit Müll und posten die Aktionen in soziale Netzwerke. Ein Selbstversuch.

 Frederike Grund (im Bild) und Fotografin Judith Michaelis wagten den Selbstversuch. Beide wunderten sich über den Schnuller (unten im Bild), den sie in den Büschen fanden.

Frederike Grund (im Bild) und Fotografin Judith Michaelis wagten den Selbstversuch. Beide wunderten sich über den Schnuller (unten im Bild), den sie in den Büschen fanden.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Nach Trends wie der  #WhattheFluffChallenge, der #InvisibleBoxChallenge und der #CollarboneChallenge, hatten wir die Hoffnung auf eine wirklich sinnvolle Internet-Bewegung eigentlich bereits aufgegeben. Nun geht seit  kurzem aber ein Trend in den sozialen Netzwerken um, den wir richtig gut finden: Unter dem Hashtag #TrashtagChallange, (“trash“: engl. für Abfall) befreien weltweit Nutzer sozialer Medien einen öffentlichen Ort von Müll.  Mit einem Vorher-Nachher-Bild wird die Handlung anschließend online verbreitet. Der Netztrend aus den USA wurde durch Byron Román angestoßen und verbreitet sich seither rasant. In Zeiten von  dem an 40 Kilogramm Plastik verendeten philippinischen Wal und Fridays for Future, hat der Internet-Hit einen Nerv getroffen. Die Welt räumt auf und fotografiert sich dabei. Angenehme Nebeneffekte: Follower, Likes und soziale Anerkennung.

Wir wagen den Selbstversuch in Düsseldorf. Der gestaltet sich allerdings schwieriger als gedacht. Die gute Nachricht also zuerst. Auf der Suche nach Müllbergen stellen wir fest: Düsseldorf ist überraschend sauber. Die schlechte Nachricht: Wer sucht, der findet.

Den philippinischen Wal im Kopf, ist unser erstes Anfahrtsziel das Rheinufer in Hamm.

Denn im Rhein leben zwar keine Wale, dafür mittlerweile aber wieder Fische –- und die können, wie der philippinische Wal, ebenfalls nicht zwischen Organischem (essbar)  und Plastik (nicht essbar) unterscheiden. Doch am Rheinufer finden wir keine Plastikberge. Stattdessen stoßen wir auf entsorgte Tannenbäume, Blumenzwiebeln und Schnittblumen.  Über die Blumenzwiebeln freuen wir uns – Schnittblumen und Tannenbäume lassen wir an Ort und Stelle liegen.

Nächstes Ziel: Bilk. Hier drängt sich die Erkenntnis auf, dass einzelne achtlos hingeworfene Papierschnipsel oder Zigarettenstummel nicht für ein Vorher-Nachher-Foto reichen. Einzig und allein vor Abfallcontainern finden sich gestapelte Hinterlassenschaften: Essensreste, Stahlschwämme, Pappkartons. Die Suche geht also weiter. In Unterbilk haben wir ebenfalls kein Glück. Wir werden ungeduldig und bemerken langsam den Hauch von Paradoxie, der uns beinahe die Sicht auf die Straße vernebelt. Sollte man sich nicht freuen, keinen Abfall zu finden? Wir wünschen uns mittlerweile das Gegenteil und das hinterlässt einen leicht bitteren Nachgeschmack.

Schließlich werden wir unverhofft fündig: Ein öffentliches Beet in der Oberbilker Sonnenstraße ist übersät von Plastikplanen, Flaschen, Verpackungen von Schokoriegeln und ausgespuckten Kaugummis. Wir knipsen schnell ein Bild und machen uns ans Müllaufsammeln. Doch der wird irgendwie nicht weniger, sondern immer mehr. Denn je genauer wir hinschauen, desto mehr  Glasscherben und vergammelte Zigarettenstummel finden sich zwischen Gräsern und Erde.

Zum Schluss ist der
Müllbeutel halbvoll

 Nach kurzer Zeit kommt eine Anwohnerin aus der Tür und bedankt sich bei uns. Sobald nur ein bisschen Müll im Beet liege, würde weiterer Abfall schneller folgen. Das habe sie beobachtet. Andere Menschen laufen an uns vorbei, lächeln oder schauen verwirrt drein. Unbeirrt klauben wir weitere Zigarettenstummel auf. Fotografin Judith Michaelis findet eine kleine silberne Kugel, die Autorin einen bunten Plastikelefanten, ein ausrangiertes Uhrwerk und einen rosa Schnuller.  Er sieht neu aus und wurde wohl erst kürzlich verloren.

Der Müllbeutel ist am Ende halbvoll. Das mag zunächst wenig klingen, doch gemessen an der Fläche ist es viel.  Wir machen schnell ein Nachher-Foto und wollen den Müllbeutel beim Awista-Wertstoffhof in Flingern-Süd entsorgen.

Um den Beutel allerdings abgeben zu können, müssten wir zehn Euro zahlen. Denn im Gegensatz zu sortiertem Abfall, ist Restmüll bei Entsorgung kostenpflichtig. Kurzerhand entscheidet sich die Fotografin dazu, den Abfall privat zu entsorgen.

Was bleibt also, nachdem wir die #TrashtagChallenge erfolgreich gemeistert haben? Wir haben vielleicht nicht die Welt verändert, aber mindestens den täglichen Morgen einer Anwohnerin verbessert. Immerhin.  Was ebenfalls deutlich wurde: Abfall sammeln ist gar nicht so schlimm, wie es sich anhört. Man sollte nur den Müll trennen.