Rund 200 Studierende in Düsseldorf betroffen Abitur auf dem zweiten Bildungsweg – Streit um Schließung des Riehl-Kollegs

Düsseldorf · Im Sommer 2026 soll der letzte Abitur-Jahrgang die Schule des zweiten Bildungswegs verlassen. Auslöser ist der Austritt der Handwerkskammer aus dem Trägerverein. Zuletzt hatten Lehrer und Schüler protestiert.

Schüler und Lehrer hatten bereits bei der letzten Schulausschuss-Sitzung vor dem Rathaus für den Erhalt ihres Kollegs protestiert.

Das traditionsreiche Wilhelm-Heinrich-Riehl-Kolleg, an dem derzeit rund 200 Studierende im erwachsenen Alter die Hochschulreife erlangen wollen, soll im Sommer 2026 schließen. So hat es der Vorstand des Trägervereins jetzt beschlossen und die meisten Beteiligten gehen davon aus, dass die Mitgliederversammlung dieses Votum im Dezember bestätigen wird.

Zwei Gründe sind für das Aus nach mehr als sechs Jahrzehnten verantwortlich: Zum einen der zum Jahresende verkündete Austritt der Düsseldorfer Handwerkskammer aus dem Trägerverein der staatlich anerkannten Ersatzschule, zum anderen die rückläufigen Schülerzahlen. Denn die von der Schulaufsicht vorgegebene Zahl von 240 Studierenden wurde zuletzt um mehr als 30 unterschritten. Das Kolleg gibt jenen eine Chance, deren Weg durch den ersten Bildungsweg nicht so gradlinig verlaufen ist, darunter viele Menschen mit Migrationshintergrund. Auch Alleinerziehende melden sich dort gerne an. Denn anders als am Abendgymnasium wird am Riehl-Kolleg am Vormittag unterrichtet. Zudem gibt es hier Bafög ab dem ersten Semester, am Abendgymnasium setzt diese Art der Förderung deutlich später ein.

Betrieben wird das Kolleg gemeinsam von Stadt und HWK, früher war auch die IHK mit im Boot. Der langjährige frühere Handwerkspräsident und CDU-Politiker Georg Schulhoff hatte sich für die Gründung eingesetzt, um Handwerkern mit Ambitionen den Weg zur Hochschulreife zu ermöglichen. Doch inzwischen nutzen nur noch wenige Menschen mit handwerklichem Hintergrund das Kolleg in Lierenfeld. Und genau damit hatte Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer HWK, den Austritt begründet.

Das Problem: Die Stadt darf nicht alleiniger Träger einer privaten Ersatzschule sein. Eine schlichte Übernahme in die städtisch getragenen Angebote scheidet deshalb aus. Für Irritationen sorgt bei einigen Schulpolitikern der rasche Austritt der HWK. „Ich bin bei diesem Thema von der Kammer enttäuscht und finde das sehr ärgerlich“, hatte Thorsten Graeßner, grüner Ratsherr und Vize-Vorsitzender des Schulausschusses, im Vorfeld der Sitzung gesagt. Ziel müsse es sein, in der Landeshauptstadt Schulen zu erhalten und nicht, sie zu schließen. „Bestürzt“ über die drohende Schließung zeigten sich die Sozialdemokraten. Sie übten gestern Nachmittag im Schulausschuss deutliche Kritik an den Abläufen in den vergangenen Monaten. „Obwohl der Vorsitzende und der Vize-Vorsitzende dieses Ausschusses zum Vorstand des Trägervereins gehören, erfahren wir erst jetzt, wo kaum noch etwas zu ändern ist, von der Schließung“, sagte Marina Spillner, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Bei einer früheren Information hätte man womöglich andere Handlungsoptionen entwickeln können.

Graeßner betonte, dass ihm „das Herz blutet, weil wir nun diese Schule abwickeln müssen“. Und Schulausschuss-Vorsitzender Stefan Wiedon stellte – an die zahlreichen Besucher aus den Reihen der Schüler und Lehrer des Kollegs gewandt – fest: „Glauben Sie uns: Niemandem macht es Spaß, was hier gerade geschieht, aber angesichts der besonderen Konstruktion dieser Ersatzschule haben wir keinen Handlungsspielraum.“

Die Stadt wird bis Sommer 2026 in die Bresche springen

Für die Verwaltung stellte Thomas Schwindowski das weitere Prozedere vor: So wird nach dem Austritt der Kammer die Stadt in Absprache mit der Bezirksregierung bis zum Sommer 2026 in die Bresche springen und damit den beiden oberen Jahrgängen das Abitur in Düsseldorf ermöglichen. Schulleiter Jörg Masuch begrüßt die nach hinten verlängerte Frist, macht sich aber Sorgen um den 11. Jahrgang. Längst nicht alle Betroffenen könnten in andere Städte ausweichen, einige Studierende würden wohl aufgrund ihrer Lebensumstände die Schullaufbahn abbrechen müssen. Zudem hofft der Pädagoge doch noch auf Wege zur Fortsetzung des für Düsseldorf einmaligen Angebots.

„Anders als manche Kritiker glauben machen wollen, waren wir weder desinteressiert noch untätig“, stellte Schulausschuss-Vorsitzender Stefan Wiedon (CDU) ebenfalls im Vorfeld der Sitzung klar. Denn nach dem HWK-Ausstieg hätte auch eine sehr kurzfristige Schließung des Kollegs eintreten können. „Stattdessen hat man sich jetzt darauf verständigt, den oberen Jahrgängen einen Abschluss hier vor Ort zu ermöglichen. Und das ist das, was wir tun konnten.“

(jj)