Ironische Kirchenkritik Italienische Polizei verbietet Tilly-Wagen vor Vatikan

Düsseldorf/Rom · Missbrauchsbetroffene durften nicht wie geplant mit einer ironisch-kritischen Figur des Karnevalswagenbauers Jacques Tilly vor dem Vatikan protestieren.

Die Figur von Jacques Tilly stand in Rom in Sichtweite des Petersdoms. Am Samstag hätte sie Teil einer Demo vor dem Vatikan sein sollen.

Foto: dpa/Ricarda Hinz

Auch über Rosenmontag hinaus werden die Wagen von Jacques Tilly in anderen Ländern eingesetzt, das ist keine Neuheit. Doch das, was am Wochenende in Rom mit einem der Wagen passiert ist, habe es noch nie gegeben, sind sich Wagenbauer Tilly und seine Ehefrau Ricarda Hinz einig. Hinz war von der Giordano-Bruno-Stiftung für eine Demonstration von Missbrauchsbetroffenen und anderen Aktivisten vor Ort in Rom, die Figur sollte das Ganze sichtbarer machen.

Doch die Figur, die einen Bischof zeigt, der selig lächelt und in einer zwischen zwei Kreuzen aufgehängten Hängematte schlummert, konnte im Rahmen der Demo gar nicht erst gezeigt werden. Der sarkastische Spruch „12 Jahre schonungslose Aufarbeitung der Missbrauchsfälle“ auf der Hängematte wurde für die Demo auf Englisch übersetzt. Bereits am Freitag seien sie mit dem Wagen in Rom angekommen, sagt Hinz. Am Kolosseum habe es „Knöllchen“ gegeben, mit der Begründung, man habe die Sicht auf ein historisches Monument behindert. Auf dem Rückweg sei man erneut in eine Polizeikontrolle geraten und schließlich von Beamten zurück zu einem Hotel eskortiert worden. Seitdem observierte die Polizei durchgehend den Wagen. Am Samstag sei ihnen eröffnet worden, dass es ein generelles Verbot gebe, den Wagen in die Stadt zu fahren. Für Hinz ist das, was sie in Rom erlebt hat, noch immer unverständlich. „Es hat sich angefühlt, als wären wir die Verbrecher, obwohl wir doch auf die Verbrechen aufmerksam machen wollten“, sagt Hinz immer noch schockiert. „Das war eine totale Enttäuschung.“

Verhinderung als Einschränkung der Meinungsfreiheit empfunden

Auch der Sprecher der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch, Matthias Katsch, kritisierte: „Leider hat die Polizei verhindert, dass die Figur den Standort neben der Engelsburg erreichte.“ Dies wurde als eine Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit empfunden. Die Polizei habe den Protest anlässlich der Eröffnung der Weltsynode auch in anderen Fällen massiv behindert. „Offenbar hatte es sich die italienische Polizei zur Aufgabe gemacht, die Sichtbarkeit dieses Protestes maximal einzuschränken und die angemeldete Veranstaltung fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen“, sagte Katsch gegenüber der dpa. Entgegen getroffener Absprachen habe man keinen Demozug in Richtung des Vatikans durchführen dürfen.

Wagenbauer Jacques Tilly war zwar nicht vor Ort in Rom dabei, aber kann dennoch nicht nachvollziehen, wie es dazu kommen konnte. „Wir sind mitten in Europa, hier sollte es künstlerische und Meinungsfreiheit geben. Es ist traurig, dass sie nicht so demonstrieren durften, wie geplant.“ Die Figur sei seiner Meinung nach harmlos gewesen, schließlich zeige sie nicht mal den Papst, sondern einen Bischof.