Landwirt Sonnen setzt auf die Rinderzucht Lohnt sich Viehhaltung in Düsseldorf noch?

Düsseldorf · Für die Rinder-Aufzucht stehen inklusive Wiesen zur Herstellung von Heu sieben bis zehn Hektar in Wittlaer zur Verfügung.

Jens Sonnen von Gut Kaiserhof mit seinen Rindern.

Foto: Anne Orthen

Die Landeshauptstadt ist bekannt als Mode-, Dienstleistungs-, Kultur-, Brauchtums- und Sportstadt. Hier steht die „längste Theke der Welt“, hier wird an Hochschulen und Akademien geforscht und gelehrt. Da ist in der bevölkerungsmäßig siebtgrößten deutschen Stadt, die mit 2903 Einwohnern pro Quadratkilometern zu den am dichtesten besiedelten Gemeinden der Republik zählt, bestimmt kaum Platz für Landwirtschaft vorhanden. Weit gefehlt, denn einige Stadtteile haben ihren ländlichen Charakter bewahrt. So wie Wittlaer ganz im Düsseldorfer Norden. Dort liegt Gut Kaiserhof, das gut 75 Hektar Nutzfläche bearbeitet. Dort werden etwa Weizen, Gerste, Zuckerrüben, Mais, Raps angebaut, Hühner gehalten und seit wenigen Jahren auch Rinder gezüchtet.

Dafür ist Jens Sonnen verantwortlich. Der ausgebildete Landwirt, der den staatlich geprüften Agrarbetriebswirt draufgesattelt hat, hat sich die Leidenschaft für seinen Beruf bewahrt. „In meiner Ausbildung war ich zwei Jahre lang auf einem Milchviehhof und hatte ein weiteres Jahr mit Mutterkühen zu tun. Da ist mir der Gedanke gekommen, Rinder bei uns auf dem Hof zu integrieren“, verrät Sonnen. „Die Familie musste ich nicht überzeugen, die hat einfach gesagt: Mach.“

Also stehen auf den Kaiserhof-Weiden seit wenigen Jahren einige Exemplare der südfranzösischen Rinderrasse Blonde d’Aquitaine. In den Sommermonaten stehen die unempfindlichen Rinder, deren Bullen auch gerne mal 1,5 Tonnen auf die Waage bringen, durchgängig auf Weiden. Im Winter leben die Rinder in einem offenen Stall auf Stroh, haben Auslauf, Bewegung an der frischen Luft und Sozialkontakte untereinander, wie es auf der Website des Hofes steht.

Was klingt wie eine Wohlfühlgemeinschaft, hat aber durchaus einen wirtschaftlichen, gewinnorientierten Hintergrund. „Am Ende des Tages muss sich alles, was mit den Rindern zusammenhängt, natürlich auch rechnen und etwas Positives zum gesamten Betriebsergebnis des Hofes beitragen“, erläutert Sonnen. „Bis es rundläuft, braucht es einen langen Atem und Regelmäßigkeit. Daran arbeiten wir gerade.“ Rinderzucht sei ja auch eine Investition über Jahre hinweg, denn Aufzucht, Schlachtung und Vermarktung würden Geld kosten und Arbeit machen. „Der Return of Invest kann sich hinziehen“, so Sonnen.

Den nüchternen Umgang mit trockenen Zahlen hat Sonnen über zwei Jahre während der Fortbildung zum staatlich geprüften Agrarbetriebswirt erlernt. „Vor zwei Jahren haben wir zum ersten Mal Rindfleisch vermarktet. Aktuell wird ca. alle drei Monate bei uns auf dem Hof Rindfleisch in Direktvermarktung angeboten. Kurzfristig ist es unser Ziel, alle zwei Monate in die Direktvermarktung einzusteigen.“ Dafür müsse aber die Anzahl von aktuell 25 Rindern steigen.

Hat ein Metzger ein Rind geschlachtet, gibt es beim Kaiserhof eine Art Online-Shop, bei dem die Fleischbestellungen abgegeben werden können. „Bisher haben wir an den Verkaufstagen, fast immer das komplette Tier verkaufen können. Wir haben im Shop nur wenig tiefgekühlte Ware vorrätig“, sagt Sonnen. „Voraussichtlich werden wir Ende September wieder in die Vermarktung einsteigen.“ Würde man das Rind an einen Schlachthof übergeben, wäre das Betriebsergebnis auf jeden Fall negativ.

Sowieso sind die Sonnens auch mit anderen Hof-Produkten und zugekauften Waren in der Direktvermarktung aktiv. Verkaufsautomaten, einer direkt am Hof in Wittlaer, ein zweiter an der Shell-Tankstelle in Lohausen, bieten u.a. Eier, Eiernudeln, Schwarzbrot, Kartoffeln, kalt gepresstes Raps- und Leinöl, Currywurst oder Frikadellen.

Für die Rinder-Aufzucht stehen inklusive von Wiesen zur Herstellung von Heu sieben bis zehn Hektar zur Verfügung. „Wenn sich die Herde vergrößert, können wir auch mehr Flächen zur Verfügung stellen“, kündigt Sonnen an. „Aber dafür muss es sich eben auch rechnen.“ Die vier bis fünf Tiere, die die Sonnens zurzeit jährlich vermarkten, brächten wahrlich keinen Riesen-Reibach, obwohl das Sonnen-Rindfleisch nicht das günstigste am Markt ist.

„Wir bieten das Kilo Hackfleisch für 15 Euro an. Aber bei unserem Fleisch ist das Kilo in der Pfanne auch noch da. In anderen Fällen braucht man wahrscheinlich 1,5 Kilogramm Hack, um beim Braten ein Kilo rauszubekommen“, erläutert der Landwirt. „Bei uns ist Qualität der entscheidende Faktor.“ Und auch deshalb hat man sich bei Gut Kaiserhof für die französische Rinderrasse entschieden. Da diese Rasse nicht zur Verfettung neigt, kann eine große Menge an hochqualitativem Fleisch erzielt werden. Das hat wenig Fett, ist aber marmoriert und zum Grillen geeignet.

Der Einstieg der Familie Sonnen in die Fleischproduktion war eine Entscheidung aus Leidenschaft. Jetzt arbeitet Jens Sonnen daran, diese Leidenschaft betriebswirtschaftlich positiv darzustellen. Aber bei dem Fachmann wird nicht alles auf Gewinn-und-Verlust-Rechnungen reduziert. Geht es um seine Rinder, kann er auch mal fünfe gerade sein lassen.