Scharfe Kritik an Verwaltung und Politik Forum beklagt Kahlschlag bei queeren Angeboten

Düsseldorf · Vertreter der Schwulen-, Lesben- und Transgruppen fordern die Rücknahme von Kürzungen sowie zusätzliches Personal. Queere Angebote seien kein Luxusgut. Warum Gleichstellungspolitiker die Kritik für überzogen halten.

Viele Verterter aus der LSBTIQ+-Community hoffen nach dem Vorbild andrerer Großstädte auf ein Queeres Zentrum.

Foto: Anne Orthen (orth)

Die Arbeitsgemeinschaft der Schwulen-, Lesben- und Trans*gruppen (LSBTIQ+-Forum) fordert die Politik auf, bereits beschlossene Kürzungen beziehungsweise drohende Einschränkungen im Beratungsangebot für queere Menschen zurückzunehmen. Die Unterstützung queerer Organisationen wie der beiden Fachstellen für Regenbogenfamilien und für queere Senioren seien keine Luxusgüter, sondern eine Investition in eine inklusive Stadt, in der die Bedürfnisse aller Bürger optimal berücksichtigt würden.

Nach Einschätzung des Forums führen die Mittelkürzungen dazu, dass die Fachstelle „Altern unterm Regenbogen“, die sich unter anderem mit einer queer-sensiblen Pflege älterer Menschen beschäftigt, zum Jahresende ihre Arbeit einstellen muss. „Der Wegfall ist für uns nicht nachvollziehbar und wir befürchten, dass die bislang geleistete Arbeit zerstört wird“, schreiben die Vertreter des Forums in einem an Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) und sämtliche Ratsmitglieder gerichteten Brief. Kritik üben die Forumsvertreter auch am Umgang mit der Schwulenberatung Düsseldorf. Sie leiste seit 30 Jahren auf ehrenamtlicher Basis Beratungsarbeit, die im Zuge eines Förderantrags für das geplante „Queere Zentrum“ in eine neue, hauptamtliche Ebene überführt werden sollte. Doch nun habe sich der Verein aufgelöst, weil die erhoffte halbe Stelle für das künftige Angebot nicht bewilligt worden sei. Auch das hinterlasse „eine große Lücke“, heißt es in dem Brief weiter.

Gleichstellungspolitikerin hält
die Kritik für überzogen

Darüber hinaus bemängeln die Forumsvertreter, dass eine weitere halbe Stelle für die Beratung schwuler und bisexueller Migranten (Netzwerk Pradi) nicht bewilligt worden sei. Ähnlich sei es bei der Transberatung. Dort steige die Nachfrage von Jahr zu Jahr, dennoch sei die Förderung nicht erhöht worden, eine fundierte Beratung sei aber „mit einer Personalstelle nicht mehr zu bewältigen“.

Dass die in den Räumen der Arbeiterwohlfahrt untergebrachte Fachstelle „Altern unterm Regenbogen“ vor einer ungewissen Zukunft steht, bestätigt Awo-Geschäftsführerin Marion Warden. „Nach Gesprächen mit Politik und Verwaltung gehen wir von einer Weiterfinanzierung bis Ende des Jahres aus“, sagt sie. Zu den Einzelheiten stehe die Awo gemeinsam mit den weiteren Trägern Frauenberatungsstelle und Aidshilfe im Austausch mit der Stadtverwaltung. Sicher sei, so Warden, dass die Bedarfe der queeren Community nicht weniger würden – im Gegenteil. Die Awo werde sich auch weiterhin genau um diese Bedarfe kümmern – „auch bei unserer Fachstelle Regenbogenfamilien, für die wir neue Räumlichkeiten in Flingern zur Verfügung gestellt haben“. Angela Hebeler, Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses und Fraktionssprecherin der Grünen, hält die Kritik des Forums für überzogen. So werde die Beratung queerer Familien und Senioren sukzessive auch in das Regelberatungssystem für Familien und Senioren überführt. Von den beiden Fachstellen seien Handreichungen beziehungsweise Schulungsprogramme entwickelt worden, die nun den Zentren Plus und den Familienberatungen zur Verfügung stünden. Um weiter gefördert zu werden, hätte beispielsweise die Fachstelle Altern unterm Regenbogen einen neuen, weiterführenden Auftrag für sich definieren müssen. Doch das sei nicht geschehen. „Sollte das gelingen, wären wir auch mit Blick auf den Haushalt 2025 zu ergebnisoffenen Gesprächen bereit“, betont die Fraktionssprecherin. Hebeler weist darauf hin, dass es nur in einem der im Brief genannten Projekte tatsächlich um Kürzungen geht. Der Rest der Kritik beziehe sich auf nicht bewilligte zusätzliche Stellen und Mittel. „Am Status quo wird in diesen Fällen also nicht gerüttelt, deswegen finde ich den Tenor des Briefes schon deutlich überzogen“, sagt Hebeler.

Dass Unterstützer des Briefes bei der CSD-Parade am Wochenende mit Blick auf die Beratungsangebote einen schwarzen Sarg hinter sich herzogen, gefällt der erfahrenen Gleichstellungspolitikerin ebenfalls nicht.

„Einfach Druck aufzubauen, hat mich noch nie überzeugt. Ich setze bei solchen Kontroversen gerne auf Argumente und das würde ich mir auch von den Vertretern aus der Community wünschen“, meint die Grünen-Ratsfrau.

(jj)