Gruseliger Fund in Düsseldorf Knochen werden noch einmal beerdigt
Düsseldorf · Die Polizisten der Wache Bilk staunten, als sie zum Einsatz an der Wasserstraße gerufen wurden: Schräg gegenüber vom Ständehaus, gleich neben der nordrhein-westfälischen CDU-Zentrale, präsentierten ihnen Bauarbeiter eine Plane voller menschlicher Knochen.
Die Arbeiter waren unter einer Kellerplatte des ehemaligen Gästehauses des Landtags auf die Gebeine gestoßen. Die Geschichte hinter den Knochen ist ein historischer Krimi – mit einem berührenden Ende: Die menschlichen Überreste werden nun noch einmal bestattet.
Einmal waren der oder die Menschen nämlich schon mal beerdigt worden, denen die Knochen gehören. Aber das ahnten die Polizisten noch nicht, als sie am 30. Oktober zu dem Fundort gerufen worden waren. Einen Tag vor Halloween spukte die Nachricht plötzlich auch im Landtag herum. Die Verwaltung dort war über den Gruselfund an der externen Baustelle informiert worden und zeigte sich ebenso überrascht wie die Beamten.
Tatsächlich hatten die Bauarbeiter die Knochen schon zwei Tage vorher bei einer Probebohrung im Keller entdeckt. Weil es Samstag war, packten die Männer erst mal alles in eine Bauplane und machten Feierabend. Als der Vorarbeiter am Montag wieder da war, rief er sofort die Polizei. Die Kripo versiegelte die Baustelle. In einer internen Notiz notierte der diensthabende Hauptkommissar: „Die Liegezeit wird derzeit auf mehrere Jahrzehnte geschätzt. Hinweise auf ein Tötungsdelikt liegen bislang nicht vor.“
Eigentlich hätte man laut Denkmalschutzgesetz auch die zuständige Denkmalbehörde oder den Landschaftsverband Rheinland alarmieren müssen, so ein Stadtsprecher: „Es ist anzunehmen, dass man wegen des Polizeieinsatzes daran nicht gedacht hat.“ Dennoch war am Ende der Stadtarchäologe noch vor Ort. Schnell wurde klar: Die Knochen sind nicht Jahrzehnte, sondern sogar rund 300 Jahre alt.
In der Rechtsmedizin wurden die Gebeine gründlich untersucht. Man identifizierte sie unter anderem als Teil eines Schädelknochens, einen Wirbelkörper und als einen Kiefer mit Zähnen. Sie stammen – so das Stadtarchiv – vermutlich von einem oder mehreren Soldaten. Denn, so ein Sprecher: „Nach dem Kenntnisstand der Stadtarchäologie findet sich die heutige Wasserstraße etwa an der Nordostecke eines ehemaligen Garnisonsfriedhofes, der 1727 eingeweiht wurde.“
Laut Polizei hatte man im Februar 2016 bei Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück schon einmal einen ähnlichen Fund gemacht. Damals ermittelte man bereits, dass es dort früher den Soldatenfriedhof gab.
Weitere Gebeine könnten auf dem Gelände gefunden werden
Der Landtag hat dadurch auf seiner aktuellen Baustelle im wahrsten Sinne des Wortes wohl noch mehr Leichen im Keller. So heißt es von der Stadt: „Es ist zu vermuten, dass weitere Gebeine gefunden werden, da der Friedhof größer war.“ Weil das Grundstück dem Land gehört, hat allerdings jetzt die Bezirksregierung als Obere Denkmalbehörde das Sagen. Die Stadt ist raus. Die Baustelle kann nur die übergeordnete Behörde wieder freigeben.
Wann und wie der Abriss des ehemaligen Gästehauses des Landtags weitergehen kann, ist unklar. Das Haus an der Wasserstraße 4 (laut eines Gutachtens circa 1859 erbaut) bot Abgeordneten kleine, möblierte Apartments, größtenteils ohne Dusche. Das Haus war baufällig und muss abgerissen werden. „Neu entstehen sollen auf 800 Quadratmeter Geschossfläche voraussichtlich 20 kleine Apartments“, so ein Landtagssprecher.
Wie es in Landtagskreisen heißt, sollen die Knochen – erneut – beigesetzt werden. In ähnlichen Fällen wurden Gebeine unbekannter Opfer mit einer regelrechten Zeremonie auf einem normalen Friedhof bestattet. Ohne religiöse Besonderheiten, da man eben nicht weiß, wie die Toten gelebt haben.