Kassenloses Einkaufen Was hinter dem modernsten Supermarkt Düsseldorfs steckt

Düsseldorf · 768 Kameras, Sensoren im Regal: In einer neuen Rewe-Filiale kann man einkaufen und dann gehen – das Bezahlen läuft automatisch.

Rewe am Wehrhahn: Jahrelang wurde umgebaut, am 22. Februar ist Wiedereröffnung – als einer von vier „Pick&Go“-Standorten in Deutschland.

Foto: Maximilian Nowroth

Von außen betrachtet sieht die neue Filiale am Wehrhahn nicht anders aus als herkömmliche Supermärkte, doch schon auf den ersten Blick ins Innere fällt ein wesentlicher Unterschied auf: An der Decke hängen überall Kameras. Nicht etwa zum Schutz gegen Ladendiebstahl – sondern für ein Einkaufserlebnis, das es so in Düsseldorf noch nicht gibt.

Rewe eröffnet am Ausgang der U-Bahn-Station Pempelforter Straße den ersten „Pick&Go“-Supermarkt der Stadt. Das Konzept heißt auf Deutsch so viel wie „Nehmen und Gehen“ und ist durchaus wörtlich zu verstehen. Die 768 Kamera-Augen verfolgen die Kunden beim gesamten Einkauf, in den Regalen sind Gewichtssensoren eingebaut. So kann man sich einfach die Ware nehmen und nach Hause gehen – die Rechnung gibt es nicht an der Kasse, sondern direkt aufs Smartphone. Die Supermarkt-Kette Rewe hat diese Technologie bisher nur in München, Köln und Berlin eingeführt, die Düsseldorfer Filiale ist der vierte „Pick&Go“-Standort bundesweit. Das Unternehmen hat uns auf Anfrage exklusiv bestätigt, dass der Supermarkt am Wehrhahn dafür ausgewählt wurde und nach jahrelangem Umbau am 22. Februar wieder eröffnet wird.

Die Verkaufsfläche ist größer,
die Zahl der Mitarbeiter ist gleich

Die Verkaufsfläche hat sich fast um ein Drittel vergrößert, auf jetzt rund 700 Quadratmeter. Die Mitarbeiterzahl ist mit 30 gleich geblieben.

Man kann den Einkauf im Markt auch nach traditioneller Art erledigen. Es gibt weiter normale Kassen und Selbstscan-Terminals. Der Grund aber, warum sich der Umbau am Ende länger hinzog als gedacht, ist die neue Technologie. Die hat Rewe nicht selbst entwickelt, sondern bei Trigo Vision aus Israel eingekauft. Das auf „kassenlose Einkaufslösungen“ spezialisierte Unternehmen hat auch schon zwei bayrische Supermärkte des Wettbewerbers Netto in „Pick&Go“-Filialen verwandelt (siehe Infokasten). Um die Technik zu nutzen, müssen Kunden eine spezielle Rewe-App auf dem Handy installieren und jeweils am Ein- und Ausgang einen QR-Code zwecks Autorisierung scannen. Das hat zwei Gründe: Der Dienst ist erst ab 18, und das System kann so die technologieaffinen Kunden von den traditionellen Einkäufern trennen. Die Rechnung für den Einkauf kommt automatisch per App, bezahlt wird digital per Kreditkarte oder über Zahlungsdienste wie Paypal, Apple Pay oder Google Pay. Und was ist mit Datenschutz? „Die Kameras filmen keine Gesichter und speichern keine persönlichen Merkmale“, sagt Rewe-Sprecher Raimund Esser. Die Videoaufzeichnung sei eine „schematische Darstellung des Knochenbaus, in Ausnahmefällen auch die Farbe der Kleidung“. Ansonsten werde nur ein Zeitstempel und der Einkaufsweg durch den Markt erfasst – und natürlich die Menge der Waren, die man aus den Regalen nimmt. Mithilfe von Gewichtssensoren könne das System dabei genau zwischen einzelnen Artikeln unterscheiden. Es merkt beispielsweise, ob eine Cola oder eine Cola light in den Einkaufswagen gewandert ist. Die Videoaufzeichnungen werden maximal zehn Tage gespeichert. „Ein Profiling findet nicht statt.“

Um all das möglich zu machen, musste der verantwortliche Projekt-Entwickler der Immobilie Am Wehrhahn 43 beim Umbau einiges umplanen. Der Supermarkt ist seit Frühjahr 2020 geschlossen und sollte eigentlich schon im vergangenen Jahr wieder aufmachen. Aber dann kam Rewe mit der Idee für das neue Konzept. „Da mussten wir noch viel bei der Verkabelung verändern“, sagt Michael Kobs, Deutschland-Chef des Entwicklers Atenor.

Dafür hat Rewe einen langfristigen Mietvertrag über mehr als 15 Jahre abgeschlossen und wird die „Pick&Go“-Technologie nach Ostern offiziell eröffnen. Bis dahin läuft zwar schon der reguläre Filial-Betrieb, aber den kassenlosen Einkauf per App dürfen erst mal nur Mitarbeiter sowie deren Freunde und Familien testen. Wenn das System reibungslos läuft, dürfen auch die Kunden ran. Der allererste Einkauf wird sich für viele vermutlich wie ein Ladendiebstahl anfühlen.