Fahrzeugteile „wie Puzzlestücke“ Tödlicher Unfall auf A44 – so fand die Polizei den flüchtigen Fahrer
Update | Düsseldorf · Ein 26-Jähriger war nach einem Unfall auf der A44 gestorben. Die Farbkombination des Range Rovers brachte die Polizei auf die Spur.
Gut zwei Monate nach dem tödlichen Unfall eines Mannes auf der A44 hat die Polizei den Verursacher ermittelt. Ein Range-Rover-Fahrer aus Niedersachsen soll Anfang Dezember den auf dem Seitenstreifen stehenden 26-Jährigen angefahren haben. Der in Kalkar im Kreis Kleve lebende Mann wurde lebensgefährlich verletzt. Er verstarb später in einem Krankenhaus. Der Fahrer des Range Rovers war seit dem Tag des Unfalls flüchtig.
Sie sei von dem Fall besonders schockiert gewesen, sagte Düsseldorfs Polizeipräsidentin Miriam Brauns bei der Präsentation der Ermittlungsergebnisse am Montag. Der junge Mann sei als Flüchtling nach Deutschland gekommen, habe Schutz gesucht. Am Abend des 3. Dezembers verunglückte der aus der Ukraine stammende Mann vor den Augen seiner minderjährigen Begleiter.
Dem Unfall auf der Autobahn vorausgegangen war eine Reifenpanne an dem Golf, in dem der 26-Jährige gemeinsam mit zwei 17-Jährigen unterwegs gewesen war. In Höhe der Anschlussstelle „Düsseldorf Messe Arena“ hatte das Trio deshalb auf dem Seitenstreifen halten müssen. Als der Ukrainer ausstieg, um sich den Schaden anzusehen, wurde er von dem nun identifizierten Range Rover erfasst und gegen sein Fahrzeug geschleudert. Polizeihauptkommissarin Paulina Bujna erklärte: „Während der Fahrer aus dem Fahrzeug stieg, hörten die Minderjährigen einen Knall und sahen, wie er zu Boden ging.“
Die beiden Beifahrer beobachteten anschließend, wie der Range Rover in einer Entfernung von etwa 300 Metern zum Stehen kam. Nach Angaben der Polizei stieg der Fahrer aus, begutachtete den Schaden an seinem Wagen und setzte seine Fahrt dann fort – ohne sich um das Opfer zu kümmern. Der 26-Jährige kam mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Klinik, wo er noch in der Nacht starb. Seine beiden Begleiter wurden ebenfalls in ein Krankenhaus gebracht und durch Seelsorger betreut.
Die nachfolgende Aufnahme des Unfalls habe wegen Schneefalls unter erschwerten Bedingungen stattgefunden, wie Bujna erklärte. „Man kann nur sagen, dass die Kollegen sehr professionell agiert haben und unter Schnee Spuren gesucht, freigeschaufelt und aufgefunden haben“, sagte sie. Gefunden werden konnten Fahrzeugteile des Range Rovers, etwa Scherben des Lichts und Teile der Verkleidung. Weil sich der flüchtige Unfallverursacher auch nach mehreren Zeugenaufrufen nicht bei der Polizei meldete, wurde in der Landeshauptstadt die Ermittlungskommission (EK) Rover gegründet.
Eine Abfrage der Polizei beim Kraftfahrt-Bundesamt ergab, dass bundesweit 1148 Autos des entsprechenden Range-Rover-Typs gemeldet seien. Wegen einer speziellen Lackierung des Unfallwagens reduzierte sich die Zahl der infrage kommenden Autos jedoch auf fünf. Die auf der A44 gefundenen Fahrzeugteile hätten schließlich „wie Puzzlestücke“ zu einem Auto aus Niedersachsen gepasst, beschrieb Polizeihauptkommissarin Bujna. Dorthin waren die Düsseldorfer Ermittler bereits am 19. Dezember gefahren, um die Fundstücke abzugleichen.
Der 34-jährige Fahrzeughalter habe gegenüber den Polizisten zugegeben, einen Unfall gehabt zu haben. Weitere Angaben zum Geschehen machte er allerdings nicht. Beschlagnahmt wurden neben dem Range Rover auch sein Mobiltelefon – die Auswertung der Daten hält weiter an.
Fest steht aber, dass die Rufnummer des Beschuldigten von einem Sendemast in der Nähe des Unfallorts erfasst worden war. „Wir wissen, dass der Fahrzeughalter einen Rücktransport aus Düsseldorf organisiert hat“, so Bujna. Das Abschleppen habe der Niedersachse privat organisiert. So habe er sich von einem Standort in Flughafennähe abholen lassen. Der zuständige Staatsanwalt Martin Stücker erklärte am Montag, dass gegen den 34-Jährigen nun wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und wegen fahrlässiger Tötung ermittelt werde. Ersteres wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft. Sollte sich der Verdacht der fahrlässigen Tötung bestätigen, könnte dieses ebenfalls mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. „Sie hinterlassen mit ihrem Auto überall Spuren“, sagte Miriam Brauns am Montag. So seien Unfallverursacher nicht nur gesetzlich dazu verpflichtet, Hilfe zu leisten. „Sondern Sie können auch das Leid der Angehörigen lindern“, so die Polizeipräsidentin. Sie betonte außerdem: „Verkehrstote lassen Polizisten und Polizistinnen niemals kalt. Es gibt keine schlimmere Nachricht, die wir Hinterbliebenen überbringen müssen.“
Die nordrhein-westfälische Polizei setzt bei der Aufnahme von schwersten Verkehrsunfällen auf Verkehrsunfallaufnahmeteams. Als Experten arbeiten auch Vermessungstechniker und Kfz-Meister in den Teams.