Show im Schauspielhaus Argiropoulos: „Viel zu oft stehen Angst, Gewalt und Diskriminierung im Mittelpunkt“

Düsseldorf · Im Schauspielhaus traten die schillernden Stars der Drag-Szene aus NRW zum Wettbewerb an. Dennoch ging es bei der Show um mehr als Glamour.

Im „kleinen Haus“ des Schauspielhauses präsentierten sich die Drag Stars kreativ und emotional.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Im Keller des Schauspielhauses darf Effie Biest ihre schrill-schillernde Drag-Show bereits seit einem Jahr auf die Bühne bringen. Doch jetzt durfte Biest, im Alltag Dramaturg am Schauspielhaus (D‘haus), das Untergeschoss verlassen und im „kleinen Haus“ den Drag Star NRW 2023 küren. „Generalintendant Wilfried Schulz hat mir sogar die große Bühne des Schauspielhauses angeboten“, sagte er während des Wettbewerbs: „So etwas habe ich noch nie erlebt, dass der Chef eines der bedeutendsten Staatstheatern die Türen für unsere Kunst weit öffnet.“ Damit sei Drag gewissermaßen in den Stand der Hochkultur erhoben.

Angekündigt war eine Show mit Glamour, Lokalkolorit und Queerness. Und es wurde ein kunstvoller, extravaganter, anrührender, und politischer Abend. Für das Lokalkolorit sorgte Biest, der seit eineinhalb Jahren in Düsseldorf lebt, unterstützt von Star-Kandidatin Ophelia Amok und Jury-Mitglied André Kaczmarczyk, dessen Inszenierung von „Cabaret“ aktuell am D*haus läuft. Unterstützung erhielten die Organisatoren der ersten NRW-Drag-Wahl vom Queeren Netzwerk NRW, dem Gleichstellungsamt der Stadt Düsseldorf und vom Britney X-Festival in Köln.

Die Drag-Quens und -Kings gewährten in ihren Auftritten tiefe Einblicke in ihre Seele und ihr wirkliches Ich, das noch immer im Alltag kaum offen gezeigt werden könne. Dabei beeindruckte vor allem Ophelia Amok, die am Ende ihrer Performance nackt auf der Bühne stand und so ihre ganze Verletzlichkeit dem Publikum entgegen schrie, ohne ein Wort zu sagen.

Communities sollen sich nicht über Angst definieren müssen

So glamourös bis emotional die Auftritte der fünf Drag-Star-Bewerber/innen aus Gelsenkirchen, Mönchengladbach, Köln, Bonn und Düsseldorf auch waren, die politische Botschaft ging im oft minutenlangen Jubel des Publikums nicht unter.

„Es soll ein Abend sein, an dem wir die Angst auch in allen anderen Lebensbereichen weit von uns schieben. Viel zu oft stehen Angst, Gewalt und Diskriminierung im Mittelpunkt, wenn wir über queeres Leben reden“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Queeren Netzwerks NRW, Neo Argiropoulos. „Aber wir dürfen nicht zulassen, dass Hass und Diskriminierung das werden, worüber wir queere Communities definieren lassen. Wir feiern Queersein und zeigen der Welt, dass dies auch ein politischer Akt ist.“ In einer Welt der engen Geschlechterrollen sei es bereits ein Politikum, überhaupt queer zu sein. „Seit der Gründung des Queeren Netzwerks vor 30 Jahren sind die Kernthemen gleich geblieben“, so Argiropoulos. „Noch immer geht es uns darum, Geschlecht und Beziehungen selbstbestimmt leben zu können. Und noch immer geht es darum, dass wir als normal gelten dürfen, wenn wir das wollen – aber dafür nicht angepasst sein müssen.“ Auch bei der Bezahlung von queerer Kunst sei noch ein weiter Weg bis zur Gleichberechtigung zurückzulegen.

Für einen Düsseldorfer Heimsieg bei der Drag Star NRW-Premiere reichte es übrigens nicht. Den Sieg und damit die vom Schauspielhaus angefertigte Schärpe erhielt Aria Viderci aus Gelsenkirchen. Die Jury-Entscheidung war knapp. „Wir sind auch alle untereinander befreundet, da geht das schon in Ordnung“, kommentierte die 32-jährige Ophelia Amok. „Ich bin bin fein damit.“