Aus vielen evangelischen Gemeinden soll in Düsseldorf eine Groß-Gemeinde werden Knappe Personallage in den Süd-Gemeinden
Düsseldorf · Die Personaldecke in den vier Süd-Gemeinden wird immer dünner. Pfarrer Florian Specht war mehr als ein Jahr Einzelkämpfer; in der Gemeinde Düsseldorf Süd geht Ende August Christian Nell-Wunsch in den Ruhestand.
Wenn wie schon in den vergangenen Jahren – außer während der Corona-Pandemie – sich am Himmelfahrtstag Hunderte Gläubige hinter dem Benrather Schloss zu einem Freiluftgottesdienst versammeln, dann können die Seelsorger der vier evangelischen Süd-Gemeinden einmal kurz vergessen, dass die Zeiten nicht nur bei den katholischen Pfarrverbänden in der Landeshauptstadt alles andere als rosig sind. Bei Veranstaltungen wie diesen geht den Pfarrern und den Gottesdienstbesuchern das Herz auf – vor allem, wenn wie am Donnerstag das Wetter mitspielt.
Aber es gibt auch diese andere Realität: Die Zahl der Gemeindeglieder sinkt überall stetig. Ein Beispiel: In den 1960er-Jahren zählten die Gemeinden in Benrath und Hassels zusammen 10 000 Mitglieder. Inzwischen ist man bei rund 4500 angekommen. Da es zudem mehr Begräbnisse als Taufen gibt, ist das Ende der sprichwörtlichen Fahnenstange noch nicht erreicht.
Weniger zu betreuende Protestanten bedeutet aber auch, dass die Zahl der Mitarbeitenden und der Gebäude angepasst werden müssen. In der 2020 fusionierten Gemeinde Düsseldorf-Süd, die die Stadtteile Wersten, Holthausen, Himmelgeist, Itter und Reisholz betreut, wird Ende August Pfarrer Christian Nell-Wunsch in den Ruhestand gehen. Dann verbleiben dort zwei Pfarrer: Kay Faller und Hartmut Wölk.
In der Gemeinde von Dankeskirche (Benrath) und Anbetungskirche (Hassels) hat sich 2022 mit Christoph Breer der zweite Seelsorger verabschiedet. Fast ein Jahr war Florian Specht Einzelkämpfer. Seit Anfang des Jahres steht ihm der Hildener Ole Hergarten für ein Jahr als „Pfarrer im Übergang“ zur Seite. Fest steht wohl, dass die Zahl der Gemeindeglieder keine ganze zweite Stelle mehr erlauben wird. „Wir diskutieren gerade in unseren Gremien. Eine Möglichkeit wäre, eine halbe Stelle aufzulegen“, sagt Specht. Er hofft, dass bis Ende des Jahres ein Gerüst für die nächste Zukunft steht. Zudem setzt er auch auf die Zusammenarbeit mit den drei anderen Gemeinden im Süden: „Wir kennen uns gut und kooperieren untereinander, wo es möglich ist.“
Denn der Ruhestand von Christian Nell-Wunsch wird das nächste Loch reißen. „Meine Stelle wird nicht mehr zu 100 Prozent nachbesetzt werden“, sagte der 63-Jährige im Gespräch. Für denkbar hält auch er, dass sich die beiden Gemeinden eine Pfarrerstelle teilen. Doch da taucht gleich das nächste Problem auf: Es gibt zu wenig Nachwuchs für den Beruf.
In der Gemeinde Düsseldorf-Süd geht man auch deswegen einen anderen Weg: Per Stellenanzeige wird ein/ eine Gemeindepädagoge(in) unbefristet in Vollzeit gesucht, mit dem die Gemeinde neue Schwerpunkte setzen und der die Seelsorger entlasten kann. In der Stellenbeschreibung heißt es: „Haben Sie Lust auf die Entwicklung und Umsetzung thematischer und religionspädagogischer Angebote, Gestaltung von Gottesdiensten, Vernetzung, Ehren- und Öffentlichkeitsarbeit?“ In der Gemeinde von Florian Specht fängt zum 1. August der neue Kirchenmusiker an. Specht sagt: „Wir haben in unseren Gremien besprochen, dass das ein Schwerpunkt unserer Arbeit sein soll.“
Auf die Frage, ob er der 2017 auf den letzten Metern durch ein Votum aus Urdenbach geplatzten Fusion der damals noch fünf eigenständigen Süd-Gemeinden nachtrauert, hat Specht eine klare Meinung: „Wir hätten dann als Entlastung zwar nur noch ein Gremium. Allerdings keine andere Personallage.“ Er ist mit Ende 30 der Jüngste unter den aktuell sieben Süd-Pfarrern und der einen Pfarrerin. Auch wenn Christian Nell-Wunsch die Zukunft der evangelischen Gemeinden im Süden nicht mehr mitbestimmen wird, hat er den Wunsch, „dass wir hier mehr an einem Strang ziehen und mehr zusammenrücken“.
Das Zusammenrücken wird in den evangelischen Gemeinden in Düsseldorf eh noch größer gedacht werden müssen. Viele Kirchen und Gemeindehäuser sind in die Jahre gekommen und das Gegenteil von klimaneutral. Bis 2035 wird sich der Kirchenkreis von Immobilien trennen müssen. Es werde ans Eingemachte gehen, kündigte Superintendent Heinrich Fucks Ende April an.
Alle vier Süd-Gemeinden mussten schon in den vergangenen Jahren den Rotstift ansetzen: Die Holthausener übergaben 2014 das Klarenbachhaus an eine koreanische Gemeinde, in Garath trennte man sich 2011 von der Hoffnungskirche, die einem Seniorenwohnheim der Caritas Platz machte. 2020 gaben die Urdenbacher die Heilig-Geist-Kirche auf.
Die Anbetungskirche in Hassels ist inzwischen auch Heimat der Freikirche „Christ Ambassadors Gospel Ministry“. Das wird aber angesichts der sinkenden Mitgliederzahlen und dem Sanierungsstau der Gebäude, auch unter ökologischen Vorgaben, nicht das Ende der Sparbemühungen bleiben. Der Beschluss der Düsseldorfer evagelischen Kreissynode aus dem November 2022 den Weg zu „einer Gemeinde“ weiterzugehen, scheint da insgesamt nur logisch.