Herr Buschmann, 40 Jahre beim selben Arbeitgeber: Das würde Ihnen von vielen Personalern aber als Schwäche im Lebenslauf ausgelegt, oder?
NRW „Die Stadt bietet unglaublich viel“
Der Regionalchef der Deutschen Bank spricht über vier Jahrzehnte beim selben Arbeitgeber, Negativzinsen, die Kö und Schalke 04.
Alexander Esch
Thomas Buschmann ist Sprecher der Regionalen Geschäftsleitung Nordwest der Deutschen Bank. Am 1. Juli war der 59-Jährige seit 40 Jahren für den gleichen Arbeitgeber tätig. Wir erreichen ihn telefonisch.
Thomas Buschmann: Ich sehe das als Stärke. Ich kenne das Haus sehr gut und die Themen. Im Ausland käme sicher eher mal eine kritische Nachfrage, wenn sie sehr lange für ein Unternehmen arbeiten. In Deutschland und bei uns in der Bank ist langjährige Zugehörigkeit aber eher gängige Praxis. Und wenn es mir nicht so gut gefallen hätte, wäre ich sicher nicht so lange geblieben. Ich bin stolz darauf, so lange bei der Deutschen Bank zu arbeiten.
Hat es Sie nie weggezogen? Oder waren Sie mal kurz vor dem Absprung? Heute können Sie es ja verraten.
Buschmann: Das fällt unter das Bankgeheimnis (lacht). Spaß beiseite. Ich habe für mich nie die Notwendigkeit gesehen. Ich hatte immer Vorgesetzte, die mir gute Perspektiven geboten haben. Die Dinge entwickelten sich für mich immer relativ schnell weiter. Ich habe es nie bereut, geblieben zu sein.
Wie kam es eigentlich zu Ihrer Entscheidung, Banker zu werden?
Buschmann: Schon in der Schule haben mich die Börsenkurse fasziniert. Hinzu kam ein großes Interesse an Menschen. Bei einer Bank zu arbeiten, konnte ich mir gut vorstellen. Und als geburtenstarker Jahrgang war es sehr schwierig, nach dem Abitur überhaupt eine Lehrstelle zu bekommen. Da war ich megastolz, die Ausbildung bei der Deutschen Bank in Herford machen zu können.
Die Liste der Skandale und Strafzahlungen bei der Deutschen Bank ist lang, das Image hat gelitten. Hat Sie das mal an Ihrer Identifikation mit dem Haus zweifeln lassen?
Buschmann: Nein. Das Positive hat in den 40 Jahren deutlich überwogen, auch wenn zwischendurch etwas nicht so gut gelaufen ist. Wir haben uns gerade in schweren Zeiten auf unsere Kunden und den Teamspirit konzentriert. Da kann ich was bewegen und das motiviert. Mit Christian Sewing an der Spitze sind wir jetzt seit einiger Zeit auf einem wirklich guten Weg. Ich freue mich sehr, dass mein Jubiläum mit diesem positiven Momentum zusammenfällt.
Zählt der Tod von Alfred Herrhausen, dem damaligen Vorstandssprecher der Deutschen Bank, durch ein Bombenattentat 1989 zu den schwärzesten Momenten ihres Berufslebens?
Buschmann: Ja. Ich kann mich noch gut an den Moment erinnern, als die Nachricht kam. Mein damaliger Chef kannte ihn gut, und das hat bei uns allen große Trauer ausgelöst. Herrhausen war und ist jemand, zu dem wir aufgeschaut haben. Wir hatten seine Bücher gelesen und Interviews verfolgt.
Was zählt umgekehrt zu den Sternstunden Ihres Berufslebens?
Buschmann: Eine besondere war, als ich 2006 in Bielefeld in die Geschäftsleitung berufen wurde. Als Ostwestfale bin ich ja mit den Unternehmen dort groß geworden. Auch Düsseldorf war ein großer Sprung – mit der Verantwortung für das Firmenkundengeschäft in dieser großen Region Nordwest.
Hätten Sie sich früher vorstellen können, dass sich Banken heute mit Händen und Füßen gegen das Geld von Kunden auf Spar- und Tagesgeldkonten mit Minuszinsen wehren?
Buschmann: Nein, sicher nicht. Als ich anfing, lag der Diskontsatz noch bei über sieben Prozent, für einen Kontokorrentkredit zahlte man über zehn Prozent Zinsen. Aber die Banken müssen jetzt für Guthaben bei den Zentralbanken selbst zahlen und das irgendwie ausgleichen. Andererseits, auf der Kreditseite bieten sich für die Kunden natürlich dadurch auch günstige Finanzierungsmöglichkeiten.
Die Geldschwemme führt zu hohen Preisen für Aktien und Immobilien, auch zu Inflation. Sehen Sie da Risiken?
Buschmann: Ich sehe Aktien sowie Immobilien immer noch positiv, trotz eines hohen Niveaus. Die junge Generation scheint ja in der Corona-Zeit die Börse für sich entdeckt zu haben. Gut so. Und in den Unternehmen ist aktuell auch viel Liquidität vorhanden, so dass in die Zukunft investiert werden kann.
Kommt eine Zinswende?
Buschmann: Es zeichnen sich erste leichte Signale in diese Richtung ab. Wir empfehlen unseren Kunden zumindest, sich die niedrigen Zinsen bei Krediten langfristig zu sichern.
Was empfehlen Sie der jungen Generation?
Buschmann: Neugierde ist sehr wichtig, und auch der Spaß an der Sache. Das sage ich meinen Nachwuchstalenten immer wieder. Auch sollte man mutig sein, Herausforderungen anzunehmen, auch wenn anfangs Zweifel bestehen. Grundsätzlich ist eine gute, fachliche Ausbildung wie über unsere Förder- und Trainee-Programme die entscheidende Basis.
Wie verändert sich die Arbeitswelt bei der Deutschen Bank durch Corona und eine junge Generation, der Flexibilität und Nachhaltigkeit immer wichtiger wird.
Buschmann: Nachhaltigkeit spielt bei uns eine große Rolle – sowohl als Unternehmen wie auch mit unserem nachhaltigen Bankgeschäft. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg. Zudem wollen wir als Arbeitgeber flexibler werden, beim Thema Vielfalt in den Teams, aber auch bei der Entwicklung neuer flexibler Arbeitsmodelle. Durch Corona ist einiges in Bewegung geraten.
HSBC verlässt die Königsallee, weil durch mehr Homeoffice weniger Büroflächen gebraucht werden. Wie entwickelt sich das bei der Deutschen Bank in
Düsseldorf?
Buschmann: Man muss immer seine Konzepte überprüfen. Aber die Kö ist unser Flagship-Standort, eine der erfolgreichsten Filialen in Deutschland. Wir sind seit über 100 Jahren an dieser Adresse, das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Dass wir generell über neue Wege zur Bank sprechen müssen, steht auf einem anderen Blatt. Die Kunden nutzen ja immer stärker die Online-Zugänge. Auch die in der Coronazeit bewährten flexiblen Arbeitsmodelle müssen wir jetzt in eine haltbare Struktur gießen.
Trotz der wirtschaftlichen Stärke Düsseldorfs, was braucht die Stadt noch für mehr Zukunftsfähigkeit?
Buschmann: Ich bin bekanntlich ein Riesenfan von Düsseldorf. Die Stadt bietet unglaublich viel, wirtschaftlich, aber auch im Hinblick auf Lebensqualität und Infrastruktur. Potenzial sehe ich noch bei der Vernetzung von Start-ups und Mittelstand. Die Chancen für eine starke Gründerszene sollten genutzt werden. Auch für uns Banken haben diese jungen Unternehmen eine große Bedeutung.
Die wichtigste Frage zum Schluss: Wie geht es eigentlich einem Schalke-Fan in diesen Zeiten?
Buschmann: Der Abstieg war ganz bitter. Mein 84-jähriger Vater hatte die letzte Meisterschaft 1958 noch live miterlebt. Und jetzt konnten wir Fans nicht mal ins Stadion, um zu unterstützen.
Behalten Sie denn Ihre Dauerkarte?
Buschmann: Ja klar, ich habe ja schon Jahre in der Zweiten Liga erlebt, sogar mit Abstiegskämpfen. Da stehen wir Fans zusammen. Einmal Schalker, immer Schalker.