Nachhaltig leben Gutes Saatgut für alle

Düsseldorf · Das Saatgutfestival ist erneut wegen Corona ausgefallen. Der Verein hat sich andere Verteil-Wege überlegt.

Die Schreinerin Amrei Sell (l.) hat die Holzbox gestaltet, aus der man sich ein Tütchen mit Saatgut alter Sorten mitnehmen kann.

Foto: © Landeshauptstadt Düsseldorf/Michael Gstettenbauer/Landeshauptstadt Düsseldorf/Michael Gstettenbauer

Die Pandemie und das mit den Kontaktbeschränkungen einhergehende Besinnen auf das Zuhause hat auch den Trend zum selber Gärtnern weiter verstärkt. Die Kleingartenvereine haben Wartelisten, gemeinschaftlich betriebene Gartenprojekte regen Zulauf. Die gestiegene Nachfrage nach nachhaltig produziertem Gemüse, gerne auch im eigenen Beet oder in Balkonkästen, bekommen auch die Mitglieder des Vereins Saatgut-Initiative Düsseldorf zu spüren.

Der gründete sich 2019 aus einer Initiative heraus, die mit dem Saatgutfestival ein Jahr zuvor beim Umweltpreis der Stadt ausgezeichnet wurde. Insbesondere setzt sich der Verein für den Zugang zu freiem Saatgut, den Anbau und den Erhalt von selten gewordenen und alten Sorten und die Verbreitung von samenfestem Saatgut ein. Samenfest ist eine Pflanzensorte dann, wenn aus ihrem Saatgut Pflanzen wachsen, die dieselben Eigenschaften und Gestalt haben, wie deren Elternpflanzen.

2015 fand die erste Düsseldorfer Saatgutbörse im Geschwister-Scholl-Gymnasium mit gut einem Dutzend Aussteller statt. 2019 waren es schon 55 und die Besucher drängten sich in den Räumen. Wegen Corona fiel die Veranstaltung 2020 genauso aus, wie in diesem Jahr. Auf der Terminliste für 2021 stehen stattdessen nun acht Tauschbörsen über das Stadtgebiet verteilt, ob und wie sie stattfinden werden, das weiß auch Michael Bonke nicht. Er gehört zu den Mitgründern des Saatgutfestivals und engagiert sich zudem unter anderem im Ökotop Heerdt, wo er seit zwölf Jahren einen Garten bewirtschaftet. In diesen Boden kommt natürlich kein Saatgut aus dem herkömmlichen Handel.

Dabei kam die Landeshauptstadt zu dem Saatgutfestival, das Hobbygärtner aus einem 100-Kilometer-Radius anzieht, wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind. 2013 veranstaltete der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) in Bonn das erste Saatgutfestival. Weil es zwei Jahre später wegen Zeitmangels des Vorstandes auszufallen drohte, sprach die Unterbacherin Dorothea Wamper, damals Vorstandsmitglied des VEN, die Vorsitzende des VEN, Susanne Gura, an. So kam die Veranstaltung nach Düsseldorf, um zu bleiben.

Seit 2013 setzt sich Bonke auch für Tauschboxen für selbst geerntetes, samenfestes Saatgut ein. Holz- oder Kartonkisten aus Recyclingmaterial sollen an leicht zugänglichen Orten aufgestellt werden. Seit September 2020 gibt es eine von Schreinerin Amrei Sell gestaltete Holzbox in der Zentralbibliothek. Bedienen erlaubt. „Niemand muss Samen hineinlegen, wenn er welche entnimmt“, sagt Bonke. Weitere Standorte für solche Boxen werden gesucht, Kontakt über www.freiessaatgut.de.

Der Verein Saatgut-Initiative hat sich wegen Corona ebenfalls andere Vertriebsideen überlegt. So ist beispielsweise das Saatgut-Tauschpaket entstanden. Entsprechend einem Schneeballsystem wird das Samen-Paket immer weiter geschickt, der Empfänger darf etwas herausnehmen und fügt andere Samen hinzu und schickt es dem nächsten per Post. Es entstehen lediglich Portokosten. Aktuell sind alle Plätze belegt, es soll jedoch ein weiteres Angebot aufgelegt werden. Auf seiner Internetseite hat der Verein zudem die Adressen von Ausstellern aufgelistet, die so online ihre Produkte verkaufen können. Und dort wird jeder Gartenfreund fündig. Hat dann aber die Qual der Wahl, beispielsweise unter 400 Sorten Tomaten.