WZ-Schulpreis Düsseldorf: Theodor-Litt-Schule - Wo die Lehrer bestimmen, wann die Stunde vorbei ist

Düsseldorf · In unserer Serie stellen wir die Schulen der Stadt vor. Unsere Autoren besuchen die Einrichtungen an einem normalen Schultag und berichten davon. Am Ende des Jahres wählt eine Jury die Träger des Schulpreises, den WZ und Stadtwerke vergeben. Dieses Mal: die Theodor-Litt-Schule.

 Sport macht den meisten Schülern Spaß, so wie auch Lejs Bjelic. Der Fünftklässler ist mit Medizinbällen und Pylon auf dem Kopf in der Sporthalle unterwegs. 

Sport macht den meisten Schülern Spaß, so wie auch Lejs Bjelic. Der Fünftklässler ist mit Medizinbällen und Pylon auf dem Kopf in der Sporthalle unterwegs. 

Foto: ja/David Young

Lejs Bjelic kämpft – der Fünftklässler hat zwei Medizinbälle unter den Armen und einen Pylon auf dem Kopf. Damit muss der Junge bis an das eine Ende der Turnhalle laufen und dann wieder zurück. Am besten ohne eines seiner Accessoires zu verlieren. Unter den Anfeuerungsrufen seiner Mitschüler läuft er ins Ziel. „Das hat Spaß gemacht“, sagt der 11-Jährige. Er geht gerne in die Schule und hat viele Freunde in der Klasse. „Das Sportfest ist eine gute Abwechslung“, sagt Lejs.

Das Sportfest wird von den Sporthelfern für die vier 5. Klassen ausgerichtet. Dafür haben sich die Schüler der 9. Und 10. Klasse in ihrem Wahl- und Pflichtfach mehrere Spiele ausgedacht, wie das Spiel „Bergsteiger“. Dabei muss eine Klasse komplett auf einen Turm aus Kästen und einer Matte klettern. „Das schweißt die Klasse zusammen, wenn die Schüler gemeinsam etwas erleben“, sagt Adem Saini. Der Neuntklässler ist einer der Sporthelfer, die das Sportfest organisiert haben. Aber auch die Sporthelfer haben plötzlich eine andere Rolle. Sie sind zum Beispiel nicht mehr nur der Schüler, der im Unterricht nichts sagt, sondern können sich aktiv einbringen. „Durch Sport ist so viel möglich“, sagt Klassenlehrerin Svenja Lasseck.

 „Wir versuchen, den Schülern Verbundenheit mit der Schule zu vermitteln“, sagt Schulleiter Hans-Gerd Pröpper.

„Wir versuchen, den Schülern Verbundenheit mit der Schule zu vermitteln“, sagt Schulleiter Hans-Gerd Pröpper.

Foto: ja/David Young

Die 650 Schüler miteinzubeziehen, das ist der Leitfaden, der sich durch die Agenda der Theodor-Litt-Realschule in Urdenbach zieht. Beim Tag der offenen Tür führen die Schüler die Eltern durch die Schule, sie organisieren das Karnevalsfest selbst und das Schülercafé wird von Schülern in Eigenregie betrieben. „Wir versuchen, den Schülern Verbundenheit mit der Schule zu vermitteln“, sagt Schulleiter Hans-Gerd Pröpper. Zweimal im Jahr findet deshalb in der Aula eine Versammlung statt, in der einzelne Gruppen die Ereignisse an der Schule zusammentragen. „Dabei wundern sich viele, was in dem Schuljahr alles passiert ist“, sagt Pröpper.

Das liegt vielleicht auch daran, dass in der Theodor-Litt-Realschule mehr Zeit ist, dass etwas passieren kann. Die Schule hat sich vor knapp zehn Jahren dazu entschlossen, eine gebundene Ganztagsschule zu werden. Montag, Mittwoch und Donnerstag haben Schüler und Lehrer bis 15 Uhr Zeit für den Unterricht. An den anderen beiden Tagen endet der Unterricht nach der 6. Stunde. „Es war notwendig, die Schüler länger in der Schule zu halten“, sagt Schulleiter Pröpper. Viele Kinder im Düsseldorfer Süden kämen aus „durcheinandergewürfelten“ Verhältnissen, in denen Wohnorte ständig wechselten oder auch Gewalt herrsche. „Schule ist für diese Kinder ein ruhiger, geregelter und verlässlicher Raum“, sagt Pröpper.

Der Ganztag habe den Vorteil, dass man mit den Schülern anders arbeiten könne. „Die Lehrer haben zum Beispiel den Eindruck, dass sie mehr erreichen“, sagt Pröpper. Die Unterrichtseinheiten sind 90 Minuten lang und werden nicht mehr durch den Gong unterbrochen – der wurde abgeschafft. Das habe einen entscheidenden Vorteil: „Die Lehrer bestimmen, wann die Stunde zu Ende ist“, sagt Pröpper. Dadurch sei es deutlich ruhiger. Und wirklich – auf dem Gang ist nicht klar, ob in den Klassen gerade Unterricht stattfindet.

Ein weiteres Wahl- und Pflichtfach findet im 2. Obergeschoss statt. In einem Klassenraum sitzen etwa zehn Mädchen in einem Stuhlkreis. Ihr Thema ist „Mädchen sein“. „Es geht darum, das Selbstbewusstsein zu stärken und zu schauen, wo sehe ich mich als Mädchen in dieser Gesellschaft“, sagt die Lehrerin Stephanie Schmack. Die Mädchen im Alter von 15 und 16 Jahren beschäftigen sich mit Themen wie Frauenrechten, Würde und analysieren das Frauenbild in der Sendung „Germany’s Next Topmodel“.

Ab und zu gehen sie auch raus aus der Schule: Zum Weltfrauentag haben die Schülerinnen bei einem Happening auf dem Burgplatz mitgemacht. Ein anderes Mal haben sie das Trebe-Café besucht, eine Anlaufstelle für obdachlose Mädchen und Frauen. „Ich finde es angenehm, in einem Kurs zu sein, in dem es nur Mädchen gibt“, sagt Aleyna Tunc, während Emana Mulic es gut findet, dass im Mädchenkurs ihr Selbstbewusstsein gestärkt wird. „Ich finde die Themen hier spannender als in anderen Kursen, auch weil wir sie mitbestimmen können“, sagt Helena Ali Karim.

Ein Ziel des Mädchenkurses ist es, wieder einen eigenen Raum zu bekommen, der anders als der Jungenraum nicht mit einem Sandsack und Matten ausgestattet ist, sondern mit Spiegeln und nicht einsehbaren Fenstern. Die Umsetzung solcher Wünsche ist auch ein Teil der Mitbestimmung, die das Klima an der Theodor-Litt-Realschule ausmacht. Und viele Schüler haben die Jahre an der Schule in guter Erinnerung. Eine Vielzahl von Ehemaligen kommt regelmäßig zum Tag der offenen Tür wieder.

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