Drohende Fahrverbote Verkehrsexperte Dudenhöffer hält Umweltspuren in Düsseldorf für sehr riskant
Düsseldorf · Der Test von Umweltspuren in Düsseldorf stößt auf Kritik. Stickoxidwerte würden eher steigen. Und auch die Sicherheit von Schulkindern sei gefährdet.
Der anstehende Test von Umweltspuren in Düsseldorf stößt auf Kritik. Nach CDU und IHK äußert nun auch Ferdinand Dudenhöffer, Verkehrswissenschaftler und Wirtschaftsprofessor an der Universität Duisburg-Essen, erhebliche Bedenken. „Das klingt alles eher nach Schildbürgerstreich“, sagt er auf Anfrage unserer Redaktion. Das Vorhaben sehe „nach Hilflosigkeit statt nach Plan aus“.
Die ersten Umweltspuren auf der Prinz-Georg-Straße und der Merowinger Straße sollen noch vor Ostern eingerichtet sein. Dann darf eine Fahrspur nur noch mit Elektro-Autos, Fahrrädern, Bussen und Taxis befahren werden. Bis zum Sommer soll zudem geprüft werden, ob diese Sonderspuren auch auf einer langen Hauptverkehrsachse quer durch die Stadt über Corneliusstraße und Berliner Allee angelegt werden.
Landesamt schätzt, dass sich der Verkehr halbiert
Die Stadt will so drohende Dieselfahrverbote verhindern, wie es im neuen Luftreinhalteplan formuliert ist. Die Bezirksregierung geht darin davon aus, dass „eine relevante lufthygienische Verbesserung erzielt werden kann“. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz schätzt, dass sich der Verkehr in etwa halbieren wird und so der gleiche Effekt wie durch ein Diesel-Fahrverbot erzielt werden könne, im Jahr 2020 also der Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter im Jahresmittel nur noch knapp gerissen würde.
Dudenhöffer befürchtet eher einen gegenteiligen Effekt. Bei nur noch einer Spur für Pkw und Lkw, die nicht auf der Umweltspur fahren dürfen, sieht er für die „Rush-Hours Rush-Staus“, also Megaschlangen voraus. Zu Staus könne es zudem auch schneller „aus dem Nichts“ kommen, wenn Pkw hinter Lkw her schleichen müssten, und es dann zu heftigeren Bremsvorgängen käme, nachdem etwas zu stark beschleunigt worden sei.
Die Konsequenz unterm Strich: „Stickoxide im Dauerstau — die Werte dürften steigen.“ Hinzu käme eine höhere Belastung für die Anwohner in den Nebenstraßen, wo es mehr Lärm, mehr Abgase und sogar mehr Unfälle geben dürfte.
Der letzte Punkt ist Dudenhöffer besonders wichtig, die Sicherheit auf der Umweltspur. Vor allem für Radler zwischen Bussen, Taxen und E-Autos sieht er Probleme. „Nach meiner Einschätzung liegt darin eine sehr hohe Unfallgefahr, insbesondere durch die vielen toten Winkel bei Abbiegevorgängen.“
Nächster neuralgischer Punkt laut Dudenhöffer: die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmer auf der Spur.
Zum einen sei das Überholen von Radlern, die an Ampeln in der ersten Reihe stehen, ein Risikofaktor. Mit Blick auf radelnde Schulkinder sagt er: „Die brauchen auf der Umweltspur einen Superman als Schutzengel.“
Doch auch zwischen den motorisierten Verkehrsteilnehmern wird es wohl Reibungspunkte geben. Denn die Busse müssten ja immer wieder anhalten, was Überholvorgänge von E-Autos provoziere. Die Konsequenz für Dudenhöffer ist erneut: „Hohe Unfallgefahr und Staubildung.“
Zusammengefasst spricht der renommierte Auto-Experte und scharfe Kritiker der Autoindustrie, vor allem im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal, mit Blick auf die Umweltspur von einem „sehr gewagten und risikoreichen Experiment“.
Dudenhöffer fragt, ob die Stadt das Szenario wenigstens in einem simulierten Verkehrsmodell durchgespielt habe. Die Stadt jedoch will vorerst keine weitergehenden Fragen zur Umweltspur beantworten, etwa dazu, wie die Einschätzung, dass das Verkehrsaufkommen halbiert würde, zustande kam.
Ein Sprecher sagt auf Anfrage unserer Redaktion nur, dass ein Evaluierungskonzept für das Pilotprojekt, mit dem die verkehrlichen und lufthygienischen Auswirkungen begleitend untersucht und bewertet werden sollen, zurzeit erarbeitet werde.
Mehr Hintergründe sollen erst in einer Pressekonferenz im März erläutert werden.