„Düsseldorf war ein Zentrum der Verfolgung von Homosexuellen“

Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, über den Werkstatt-Tag und die Idee eines Mahnmals.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Das Forum Düsseldorfer Schwulen-, Lesben- und Trans-Gruppen und die Mahn- und Gedenkstätte laden für Samstag (11 bis 17 Uhr) zu einem Werkstatt-Tag ein. In der Gedenkstätte an der Mühlenstraße 29 wollen sie die Idee eines Mahnmals, das die Ausgrenzung und Verfolgung von Homosexuellen und Trans-Personen behandelt, voranbringen. Der Tag soll den Stand der Diskussion erläutern und erste Ideen für die Umsetzung bringen. Dazu sind ausdrücklich alle Düsseldorfer eingeladen. Über den offenen Werkstatt-Tag sprach die WZ mit dem Leiter der Mahn- und Gedenkstätte, Bastian Fleermann.

Normalerweise lädt man Bürger und Prominente erst ein, wenn ein Mahnmal eröffnet wird. Sie laden sie ein, bevor irgendetwas feststeht. Warum?

Bastian Fleermann: Ein Mahnmal, das an verfolgte Homosexuelle erinnert, sollte eine ganz breite Unterstützung haben. Das ist nicht nur eine Angelegenheit der schwul-lesbischen Community, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Rückmeldungen sind sehr positiv, das ist für mich ein Zeichen, dass sich in den vergangenen Jahren viel getan hat.

Was erwartet Ihre Besucher am Samstag?

Fleermann: Das Ganze soll eine Werkstatt sein, die aus zwei Teilen besteht. Am Anfang gibt es Impulsvorträge, anschließend Workshops. Man kann kommen und gehen, wann man will. Wir wollen alle von Anfang an einbinden, alle Ideen, alle Vorstellung zum Mahnmal kennenlernen. Es haben viele junge Menschen gesagt, dass sie kommen wollen. Das finde ich gut, denn sie haben vielleicht eine ganz andere Vorstellung davon, wie ein Mahnmal aussieht. Vermutlich finden sie den Begriff schon reichlich altmodisch.

Worum geht es in den Vorträgen?

Fleermann: Wir werden unter anderem einen Historiker hören, der uns erklärt, wie die Situation damals war und wie die Verfolgung vonstatten ging. Außerdem wollen wir uns ansehen und diskutieren, wie die schon bestehenden Mahnmale in Frankfurt, München oder Köln aussehen und warum sie so geschaffen wurden.

Was wird Thema in den Workshops sein?

Fleermann: Es geht unter anderem um die Form des Mahnmals: Wird es eher ein Kunstwerk, oder wird es eher dokumentarischen Charakter haben wie ein Text oder Ähnliches, oder wird es etwas ganz Unkonventionelles wie eine Licht- oder eine Garten-Landschafts-Installation. Eine andere Frage ist, welcher der richtige Ort für ein Mahnmal in der städtischen Topographie ist. Und wir schauen auch, wem wir das Mahnmal eigentlich widmen.

Warum?

Fleermann: Nach den bisherigen Gesprächen habe ich den Eindruck, dass es nicht nur um die verfolgten Homosexuellen während der NS-Zeit gehen wird. Es soll auch um die Männer gehen, die vor 1933 verfolgt wurden und auch um diejenigen, die aufgrund von Paragraf 175 in der Bundesrepublik strafrechtlich verfolgt wurden.

Weshalb nur Männer?

Fleermann: Eine berechtigte Frage. Nach Paragraf 175 wurden nur Männer belangt, das heißt aber nicht, dass Frauen nicht auch verfolgt wurden - nur anders. Lesbische Liebe war quasi unsichtbar, fand im Verborgenen statt. Die Frauen wurden auch diskriminiert und mit ganz anderen Begründungen ins KZ gebracht.

Warum Düsseldorf?

Fleermann: Wenn es eine Stadt gibt, die ein Mahnmal für verfolgte Homosexuelle verdient hat, dann Düsseldorf. Die Stadt war ein Zentrum der schwulen Subkultur in den Zwanzigern, sie war deshalb auch ein Zentrum der Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich.

Was ist Ihr Ziel für Samstag?

Fleermann: Ganz simpel: Wir wollen in der Diskussion einen Schritt weiter sein. Wir wollen ein Meinungsbild kennen, sehen, welche Bedürfnisse es gibt, und daraus eine Idee entwickeln, wie wir weitermachen könnten.