Neu in den Programmkinos Erfinder der Hobbits: Wie Tolkien zum Erzähler wurde

Düsseldorf · Vom neuen Film von Jim Jarmusch über die Starwerdung mit Hilfe Sozialer Medien bis hin zum Biopic zum Leben von John Ronald Reuel Tolkien.

Nicholas Hoult als J.R.R. Tolkien in einer Szene des Films "Tolkien".

Foto: dpa/-

Fuck Fame

Virtuell weltberühmt. Vor gut zehn Jahren wurde eine 18-jährige über Nacht berühmt. Obwohl ihre musikalischen Qualitäten begrenzt sind, gehen die Internet-Clicks durch die Decke, ihr Electropop-Rap-Video „Pop the Glock“ wird ein Hit. Plötzlich kann sich die junge Amerikanerin mit dem Künstlernamen „Uffie“ alles leisten: Benehmen oder Finanzen egal. Sie hat noch nicht einmal ein Album veröffentlicht, da geht sie auf Welttournee und ist ein Star, der seine Fans mit dem gemeinsamen Nenner „Internet“ beschreibt. Doch dann beginnt das übliche Lied der Branche: neue Songs, mehr Kohle muss her. Aus dem sprühenden Teenager wird bald ein Burnout-Opfer: Drogen, Parties, Dauerstress fordern ihren Tribut. Die Musikerin rebelliert, bekommt ein Kind, doch von der Erfolgssucht kann sie nicht lassen. Erst als sie ihre Mutter beerdigen muss, beginnt der Umkehrprozess.

Über die Recherche für ihr Projekt zum Pop-Fame in den Sozialen Medien, trafen die Filmemacher  Lilian Franck und Robert Cibis auf Uffie, die ihre Biographie entlarvt fand: „Fuck Fame“ ist eine Doku-Fiktion über Ruhm und Realität im virtuellen Zeitalter.

Bambi, Do. – So. 21.45 Uhr

Tolkien

Paralleluniversum Mittelerde. Von „Herr der Ringe“ bis „Hobbit“ hat das Kino sein ganzes literarisches Werk schon abgegrast, da darf das Biopic zum Superstar des Fantasy-Genres, John Ronald Reuel Tolkien, nicht fehlen. Dafür hat sich der finnische Regisseur Dome Karukoski freilich ein recht konventionelles Konzept ausgedacht: irgendwo zwischen „Club der toten Dichter“ und „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ wird hier die frühe Phase des Schriftstellers an der Universität und seine männerbündische Freundschaft mit drei Kommilitonen nacherzählt.

Das beginnt mit der Kindheit in einer verarmten Familie, geht weiter zur Begeisterung für die Macht der erzählerischen Phantasie und über den frühen Tod der Eltern bis hin zum Stipendium für alte Sprachen in Oxford. Über die Abenteuer mit dem Tea Club – Barrovian Society bis zur traumatischen Erfahrung in den Gräben des Ersten Weltkriegs, die hier als visuelle Assoziation zu den Schlachten um Mittelerde.

Vorpremiere am Mo. um 19 Uhr im Bambi (engl. OmU)

Britt-Marie war hier

Die weibliche Antwort auf Ove. Nach dem beachtlichen Erfolg der mürrischen schwedischen Rentner-Komödie „Ein Mann namens Ove“ kommt mit „Britt-Marie“ ein weiterer Roman aus der Feder von Frederick Backman auf die Leinwand. Die bitter-frustrierte Lebensperspektive der 63-Jährigen ähnelt ihrem männlichen Pendant Ove durchaus. Nach 40 Jahren Ehe muss sie feststellen, dass ihr Mann sie betrügt. Kurzerhand zieht sie aus und muss sich nun einen eigenen Job suchen. Doch da wird ihr lediglich ein Posten als Betreuerin einer Fußballmannschaft in einer schwierigen Gegend eines Provinzkaffs in einer heruntergekommenen Jugendeinrichtung angeboten.

Obwohl Britt-Marie eigentlich Kinder nicht mag, krempelt sie sich die Arme hoch und bald die Welt der Kinder um. Schließlich steht ein Fußballturnier an ... und ihre Schützlinge haben keine Chance.

Bambi, tgl. 16.45 u. 19 Uhr, am Di um 19 im schwed. OmU

Sunset

Budapest im Jahre 1913, die Sonne senkt sich über der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Der Erste Weltkrieg steht unmittelbar bevor, der das mächtige K.u.K.-Reich in die Bedeutungslosigkeit stürzen wird. Eine junge Frau kommt in die ungarische Hauptstadt Budapest um Hutmacherin zu werden. Doch tatsächlich ist Irisz Leiter auf der Spur ihrer Vergangenheit, dem Hutgeschäft, das einst ihren Eltern gehörte. Sie erfährt auch von der Existenz ihres Bruders, der als Anarchist im Untergrund der Metropole Mordanschläge plant. Irisz stößt auf ein verwirrendes Labyrinth von Personen und Ereignissen, das auf ein kriminelles Komplott hindeutet.

Wie in seinem aufsehenerregenden Filmerstling „Son of Saul“ verwendet László Nemes das Motiv der Sichtfeldeinschränkung. Doch in dem Holocaust-Drama diente die „Scheuklappe“ als Schutz vor dem unaussprechlichen Grauen der KZ-Krematorien, diesmal als Kontrapunkt zur Kostümfilmopulenz und Ausdruck der Undurchsichtigkeit der Story, die sich auch dem Zuschauer nie wirklich erschließt.

Bambi, tgl. 19 Uhr

The Dead Don´t Die

Und plötzlich erwacht die Kleinstadt zu Leben. Doch die willkommene Abwechslung vom beschaulichen Alltag in Centerville ist das nicht, denn es sind die Toten, die das Örtchen heimsuchen.

Nach der eigenwilligen Vampir-Melanchomödie „The Only Lovers Left Alive“ erweist Jim Jarmusch diesmal dem Zombie-Film seine ganz persönliche Referenz. Auch wenn die Untoten in Horror-Komödien wie „Shaun of the Dead“ schon ordentlich durch die Splatter-Suppe gezogen wurden, so gibt der Indie-Filmemacher dem Genre noch seine eigene Note, die nicht zuletzt durch eine illustre Riege von Stars (Bill Murray, Adam Driver, Steve Buscemi, Danny Glover, Tom Waits, Tilda Swinton usw.) bereichert wird. Wenn die Möchtegern-Kannibalen hier von stoischen Polizisten gemetzelt werden und ihre Sehnsüchte nach Chardonnay, Kaffee oder WiFi rufen, dann ist diese Provinzposse so befremdlich wie der Aufstieg des Trump-Amerika.

Cinema, tgl. 16.45 u. 19 Uhr (Mo. nur 17.45 Uhr), tgl. 21.45 Uhr im  engl. OmU