Neu in den Programmkinos Das nächste tiefgründige Drama aus Iran

Düsseldorf · Drama, Krimi, Komödie und Dokumentation. Die Kinowoche hält einen Ritt durch die Genres bereit.

Eine Szene aus dem Film „Eine moralische Entscheidung".

Foto: epd/Henrik Ohsten

Eine moralische Entscheidung

Es mag überraschen, dass Themen wie Treue, Verantwortung und Recht gerade in Filmen aus einem Land, das seit Jahrzehnten unter einem diktatorischen Regime lebt, immer wieder eine zentrale Rolle spielen. Der iranische Film hat sich mit Regisseuren wie Asghar Farhadi („Nader und Simin”) und Jafar Panahi („Taxi Teheran”) einen internationalen Ruf für tiefgründige Dramen über solche moralische Dilemmata erworben. In diese Kategorie gehört auch der zweite Film von Vahid Jalilvand.

Erzählt wird die Geschichte eines zunächst banalen Vorfalls. Durch einen rücksichtslosen Fahrer wird Kaveh Nariman zum Ausweichen gezwungen und bringt damit ein Motorrad zum Sturz. Dabei verletzt sich der achtjährige Sohn des Motorradfahrers leicht am Kopf. Obwohl der Gerichtsmediziner Nariman mehrfach anbietet, den Jungen zur Kontrolle in eine Krankenhaus zu bringen, lehnt der Vater ab. Kurz darauf liegt der Junge tot auf der Bahre in der Gerichtsmedizin. Obwohl sich herausstellt, dass der Junge nicht an dem Unfall, sondern an einer Fleischvergiftung gestorben ist, fühlt sich Nariman verantwortlich – vor allem, weil er von allen Seiten gedrängt wird, die Sache unter den Teppich zu kehren.

Bambi, tgl. 16.45 u. (außer Mo.) 19 Uhr, am Di um 19 Uhr im pers. OmU

Der Klavierspieler vom Gare du Nord

Die Grande Nation arbeitet die großen Klassenunterschiede zwischen den Elfenbeintürmen im Pariser Zentrum und den sozialen Brennpunkten der Banlieue weiter in süffigen – nicht immer glaubwürdigen – Unterhaltungsfilmen auf. Nach „Ziemlich beste Freunde” und „Die brillante Mademoiselle Neila” treffen hier erneut arriviertes Establishment und die trostlose Realität der Stadtrand-Siedlungen aufeinander.

Im Gedränge des Pariser Bahnhofes Gare du Nord bemerkt Pierre Geithner (Lambert Wilson) einen jungen Mann, der hingebungsvoll auf einem dort für Jedermann plazierten Flügel spielt. Beeindruckt von dessen Talent, lädt der Leiter des Pariser Konservatoriums den jungen Mann zu einem Vorspiel ein. Doch Mathieu ist keineswegs begeistert: die feine Welt des Musentempels steht im krassen Gegensatz zu seiner Ghetto-Welt. Dennoch kann Geithner ihn überreden, schließlich erscheint er zur Übungsstunde bei der gestrengen Klavierlehrerin, die nur die Gräfin (Kristin Scott Thomas) genannt wird. Während dort Frust und Rebellion programmiert sind, hat Geithner gleich noch eine gewagte Idee. Er will Mathieu ins Rennen in einen hochrangigen Wettbewerb schicken und setzt dabei auch seine eigene Position aufs Spiel…

Klassische Musik dient wieder einmal als Heilmittel für soziale Konflikte, darin folgt der konventionell gestrickte Film dem Erzählmuster diverser ähnlicher Hollywoodproduktionen über Ghetto-Helden mit dem Geigenbogen.

Metropol, tgl. 16.30 u. 18.45 Uhr (am Mi. um 18.45 Uhr im frz. OmU)

Inna de Yard

Buena Vista Reggae Club. Auf den Spuren des jamaikanischen Rhythmus präsentiert diese französische Dokumentation einige der Größen des Genres, das vor vier Jahrzehnten mit Bob Marley und Peter Tosh große Erfolge feierte. So finden sich darunter  „Mr. Rocksteady“ Ken Boothe, Winston McAnuff, Kiddus I und Cedric Myton – alle in ihren 60ern und 70ern – zusammen, um ein Unplugged-Album aufzunehmen. Ihr Tonstudio bauen sie genau dort auf, wo sie die Kraft und die Wurzeln des Reggae am ursprünglichsten spüren: im Hinterhof – Inna de Yard.

Bambi, tgl. 21.30 Uhr (engl. OmU)

Ein Becken voller Männer

Gut zehn Jahre nachdem die schwedische Produktion „Männer im Wasser” zum ersten Mal ein männliches Synchronschwimm-Team ins Feelgood-Becken geschickt hat und nur ein Jahr nachdem die Engländer mit „Swimming With Men” einen englischen Aufguss des kuriosen „Mann”-schaftssports ins Kino gebracht haben, kommt nun auch noch der französische Abklatsch der gleichen Geschichte auf die Leinwand: Sie stecken alle irgendwie in der Krise und unternehmen einen schrillen Schritt, um sich freizuschwimmen. Das Team der Möchtegern-Poolballetteusen findet allerdings in der ehemaligen Profi-Synchronschwimmerin Delphine (auch sie mit einem Haufen Problemen belastet) eine toughe Trainerin, die keine Schwächen durchgehen lässt. Natürlich mündet das anfangs alles andere als ermutigende Training schließlich in der Teilnahme an der Weltmeisterschaft…

Wenig origineller Neuaufguss des bekannten Sujets, die angesprochenen Probleme von Depression bis Alkoholismus lösen sich rechtzeitig im seichten Wasser der etwas langatmigen Schwimm-Kür.

Vorpremiere am Mo. um 19 Uhr im Bambi (frz. OmU)

Verachtung

Mit wechselhaftem Erfolg werden die vom ZDF koproduzierten Verfilmungen der Krimis des dänischen Autors Jussi-Adler Olsen ins Kino gebracht. Die mittlerweile vierte Adaptation nach „Erbarmen”, „Schändung” und „Erlösung” (nicht zu verwechseln mit den Ein-Wort-Titeln der Stieg-Larsson-Krimis der „Millenium”-Trilogie) präsentiert wieder einen Fall aus der Vergangenheit.

Der toughe Cold-Case-Ermittler Carl Mørck stößt mit seinem Partner Hafez el-Assad auf eine Gruppe mumifizierter Leichen. Der Fall steht offenbar im Zusammenhang mit dem Verschwinden einer Prostituierten vor 30 Jahren. Die Spur führt zu der traurigen Lebensgeschichte von Nete Rosen, die auf der Insel Sprogo in einem Heim für geisteskranke Frauen gefangen gehalten und misshandelt wurde...

Metropol, tgl. 21 Uhr, am Mi. im dän. OmU

O Beautiful Night

Eine Sause mit dem Tod. So neongrelle Nächte gab es zuletzt im Berlin-Film der 80er Jahre. Nun schickt Filmdebütant Xaver Böhm seinen hypochondrischen Antihelden Juri auf den Asphalt des Großstadtdschungels. Juri ist fest davon überzeugt, er müsse bald sterben, schließlich hat er genau die Symptome, die er gerade mit dem Suchbegriff „Herzinfarkt” gegoogelt hat. Da erscheint der Tod, ausgerechnet in einer Spelunke namens „Paradiso”, und nimmt ihn mit auf ein letztes Abenteuer: sie klauen Autos, machen Stress bei Schlägertypen und hauen auf die Pauke in der Unterwelt. Als Juri die Peepshow-Tänzerin Nina kennenlernt, hat der Tod schon eine Runde „Russisch Roulette” geordert…

Etwas bemüht wirkendes Mitternachtsdrama.

Metropol, tgl. 21.30 Uhr (am Mi. in der „Black Neon”-Edition in s/w)

Tolkien

Paralleluniversum Mittelerde. Von „Herr der Ringe“ bis „Hobbit“ hat das Kino sein ganzes literarisches Werk schon abgegrast, da darf das Biopic zum Superstar des Fantasy-Genres nicht fehlen. Dafür hat sich der finnische Regisseur Dome Karukoski freilich ein recht konventionelles Konzept ausgedacht: irgendwo zwischen „Club der toten Dichter“ und „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ wird hier die frühe Phase des Schriftstellers an der Universität und seine männerbündische Freundschaft mit drei Kommilitonen nacherzählt. Das beginnt mit der Kindheit in einer verarmten Familie, der Begeisterung für die Macht der erzählerischen Phantasie über den frühen Tod der Eltern bis hin zum Stipendium für alte Sprachen in Oxford. Es geht weiter über die Abenteuer mit dem Tea Club – Barrovian Society bis zur traumatischen Erfahrung in den Gräben des Ersten Weltkriegs, hier als visuelle Assoziation zu den Schlachten um Mittelerde.

Atelier tgl. 16.30 u. 19 Uhr (am So. um 19 Uhr im engl. OmU)