Abschiebungen Düsseldorfer Richter kritisieren lasche Abschiebepraxis im Fall "Bivsi"

Der große Aufwand im Asylrecht ist nur sinnvoll, wenn die Urteile auch umgesetzt werden, sagen Verwaltungsrichter. Doch daran hapere es - vor allem, wenn es um Abschiebungen gehe.

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Düsseldorf. Mit scharfer Kritik am Fall der Nepalesin Bivsi aus Duisburg hat die Spitze des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts die deutsche Abschiebepraxis kritisiert. „Es dreht sich ein riesiges rechtsstaatliches Rad und die Urteile laufen dennoch ins Leere“, sagte Gerichts-Vizepräsidentin Gabriele Verstegen am Freitag. „Der Staat muss rechtsstaatliche Entscheidungen vollziehen, ansonsten kann er sich das Geld sparen“, ergänzte Gerichtspräsident Andreas Heusch.

Dass auch die Eltern des Mädchens Bivsi wieder hätten einreisen dürfen, sei „ein Schlag ins Gesicht aller Ausländer, die sich rechtskonform verhalten“. Bivsis Eltern hätten „getrickst, betrogen und getäuscht, den Staat jahrelang vorgeführt“, sagte Heusch. Das Bleiberecht könne nicht davon abhängen, „wie mediengerecht das Anliegen präsentiert“ werde.

Die Eltern dürfen Bivsi aus humanitären Gründen für die Dauer der Ausbildung begleiten. Es werde faktisch niemand in den Iran und den Irak abgeschoben, obwohl es im Irak durch das Zurückdrängen des IS durchaus sichere Regionen wie den Nordirak gebe, kritisierten die Richter weiter. Die nordafrikanischen Staaten nähmen ebenfalls kaum eigene Staatsbürger aus Deutschland zurück. „Spanien macht das deutlich besser und hat entsprechende Rückführungsabkommen geschlossen“, hieß es.

Das größte Verwaltungsgericht Nordrhein-Westfalens hat im vergangenen Jahr einen Rekordeingang von Asylklagen verzeichnet. 19 300 Klagen und Eilanträge seien eingegangen, eine Steigerung von noch einmal 41 Prozent nach 141 Prozent im Jahr zuvor. Bundesweit seien es 400 000 und landesweit 80 000 Verfahren gewesen.

Bei der Zahl der Schutzsuchenden hätten Menschen aus Afghanistan am Gericht jene aus Syrien an der Spitze abgelöst. Die Erfolgsquote der Afghanen liege bei 30 Prozent. Obwohl es auch in Afghanistan relativ sichere Regionen gebe, würden dorthin praktisch nur Straftäter abgeschoben, kritisierte das Gericht. Kritisch äußerten sich die Richter auch zum Kirchenasyl und dem Werben staatlicher Psychiatrien mit Slogans wie „Fühlen sie sich von Abschiebung bedroht?“ Bei den Richtern sei der Eindruck entstanden, Aufenthalte im Kirchenasyl oder in der Psychiatrie würden gezielt eingesetzt, um Fristen ins Leere laufen zu lassen.

Kritisch äußerten sich die Richter auch über das Bundesamt für Migration. Die Prozessbearbeitung der Bundesbehörde bleibe derzeit leider auf der Strecke, hieß es. Auf Hinweise oder Nachfragen der Richter an die Behörde erfolge meist keine Reaktion. Dies sei, was den Fortgang der Asylverfahren angehe, „sehr unerfreulich“. dpa