Düsseldorfer Vereine profitieren von den Ganztagsschulen
Die Mitgliederzahlen steigen — trotzdem gibt es auch Kritik.
Düsseldorf. Nur noch Pauken, aber keine Zeit mehr für Fußball, Gitarre oder Theater. So ähnlich sahen die Ängste bei der Einführung der Offenen Ganztagsschulen (OGS) aus. Die Zwischenbilanz fällt erstaunlich positiv aus, makellos ist sie aber nicht.
„Der sichtbarste Unterschied ist, dass immer mehr Kinder mit Schulranzen auf dem Rücken zum Training kommen“, sagt Frank Goroncy, Jugendobmann beim BV 04 in Derendorf. Er sieht das System OGS positiv: „Die Kooperation mit den Schulen ist Werbung für uns, wer dort an den AGs teilnimmt und beim Fußball bleibt, kommt danach auch zu uns.“
Auch Peter Haseley, Leiter der Clara-Schumann-Musikschule, zieht eine positive Bilanz. Vor der Einführung der OGS hat die Musikschule wöchentlich 7000 Grundschüler mit ihrem regulären Unterricht erreicht, inzwischen sind es 10 000. „Weil wir mit den Schulen kooperieren und uns nicht gegenseitig blockieren“, erklärt Haseley. Schließlich sei das gemeinsame Ziel, die Kinder zu bilden.
Dorle Trachternach ist beim Jungen Schauspielhaus zuständig für das Jugendprojekt Treibhaus, bei dem sich Kinder und Jugendliche auf der Bühne ausprobieren sollen. Rückläufige Teilnehmerzahlen hat sie nicht festgestellt. Die OGS sei nicht problematisch, das verkürzte Abitur dagegen schon. Ein Abiturient kann wegen zu viel Stress nicht mehr an den Proben teilnehmen.
Kritische Töne schlägt Berit Zalbertus von der Elternschaft Düsseldorfer Schulen an. Der offene Ganztag sei zwar eine segensreiche Einrichtung. Massive Probleme hätten sich aber mit der Einführung der starren Abholzeiten vor rund zwei Jahren ergeben. „Die Kinder dürfen die Schule nicht vorher verlassen, die Nachfolgetermine drängen. Das führt zu Stress“, sagt sie. Zalbertus hat reagiert: Ihre Tochter geht zwar noch zum Schwimmkurs, der Musikunterricht fällt dagegen flach.
In ein ähnliches Horn stößt Stefan Wiedon. „Die Vereine haben heute durch die OGS schwierigere Rahmenbedingungen als vor zwanzig Jahren“, sagt der Jugendkoordinator beim DSC 99. „Wir haben inzwischen ein total verdichtetes Programm zwischen 17 und 21 Uhr“. Die Zahl der Trainingsplätze ist allerdings gleichgeblieben. Einfach später zu trainieren ist problematisch: Es gibt etwa vermehrt Beschwerden wegen Ruhestörung. Wiedon wünscht sich nun vor allem, das der Gesetzgeber Sportlärm mit Kinderlärm gleichsetzt, sprich: legalisiert.
Auch Oliver Arbert, Leiter der Leichtathletiksparte bei TuSA 06, sieht die Probleme durch OGS. „Das Einstiegsalter ist gestiegen, die Kinder fangen erst nach der Grundschule bei uns an“, sagt Arbert. Eine Kooperation mit den Schulen sei bei ihnen nicht möglich. „Unsere Trainer sind berufstätig und nicht in der Lage, so früh zu arbeiten.“
Unterm Strich sprechen die Zahlen jedoch eine deutliche Sprache (siehe Kasten). „Wir haben deutlich mehr Zuwachs in den Vereinen als vor Einführung der OGS“, sagt Ulrich Wolter vom Stadtsportbund. „Jahrelang wurde gesagt, der Ganztag mache den Vereinssport kaputt, für Düsseldorf kann ich das nicht bestätigen, auch weil wir aktiv mitgestaltet haben.“