Ein Campingplatz über den Dächern der Stadt
Im Strandclub auf dem Kaufhof können Gäste jetzt übernachten. Die WZ hat es ausprobiert.
Düsseldorf. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn sich die anderen Gäste allmählich auf den Heimweg machen und man selbst zurückbleibt. Es ist nach 23 Uhr, die Nacht bricht mild über den Strandclub „Tagomago Sunset“ herein.
In den Liegestühlen und auf den Sitzkissen lümmeln sich nur noch vereinzelt Paare und gute Freunde. Normalerweise würden auch wir uns jetzt den Sand von der Hose klopfen, die Rechnung bezahlen und die nächste Bahn nach Hause nehmen. Heute hingegen bleiben wir hier. Nicht nur für ein paar weitere Stunden, sondern bis zum Morgengrauen.
Seit neuestem haben Gäste die Möglichkeit, im Club zu übernachten. Für den Fall, dass der Abend einmal so schön ist, dass man am liebsten gar nicht nach Hause gehen würde. So ging es Clubbetreiber Oliver Stollbrock und seinem Team vor einiger Zeit, als sie am Ende eines langen Arbeitstages beisammensaßen und über neue Ideen für den „Tagomago Sunset“ nachdachten. „Das Ambiente hier ist gerade am späten Abend so toll, dass es aufregend wäre, wenn man einfach bleiben kann“, war die Überlegung. Jetzt wird diese Idee erstmals in die Tat umgesetzt.
Da sind wir also. Allein auf dem Dach eines Kaufhauses in 30 Metern Höhe. Das heißt, nicht ganz allein: Gemeinsam mit einem Kollegen verbringt auch Stollbrock die Nacht im Club, damit Hilfe zur Stelle ist, falls nötig. „Und als Aufsicht über die Bar“, sagt er schmunzelnd. Nach Kassenschluss gegen 24 Uhr gibt es Schlafsäcke, Kissen, einen Kulturbeutel mit Seife, Zahnpasta und -bürste sowie eine Flasche Wasser. Jetzt gehört der Club seinen beiden Gästen.
Die Musik ist mittlerweile ausgestellt, die meisten Lampen und Flämmchen entlang der hölzernen Stege sind erloschen. Ganz dunkel wird es dank der tausenden Lichter der Stadt aber nicht. Der Blick über das nächtliche Düsseldorf reicht bis nach Bilk im Süden, Stockum im Norden und bis zum Fernsehturm. Die Atmosphäre dort oben unterm Sternenhimmel lässt einen fast vergessen, dass das Gebäude hermetisch abgeriegelt ist und man sich voll und ganz in die Hände der Mitarbeiter begibt. Irgendwann siegt allerdings die Müdigkeit. Eben Zähne putzen in der Toilettenanlage, dann geht es in den mit Matratzen ausgestatteten Pavillon, der als Schlafstätte dient.
Der ist glücklicherweise überdacht, denn gegen sieben Uhr machen nicht nur die Autos und Straßenbahnen Radau, sondern auch der prasselnde Regen. Als es endlich trocken wird, ist das Frühstück fertig. Es gibt Rührei mit Zwiebeln und Tomaten, dazu Brot und Milchkaffee, alles vom Chef persönlich zubereitet.
Dann ist es Zeit für den Abschied. Der Kaufhof hat mittlerweile geöffnet. Während im Erdgeschoss die ersten Kunden durch die Tür kommen, treten wir den Heimweg an. Im Gepäck die Kulturbeutel — als Erinnerung an eine ungewöhnliche Nacht an einem ungewöhnlichen Ort.