Einbrecher arbeiten mit Schein-Identität

Immer öfter werden Tatfahrzeuge auf Fantasie-Personen mit reinen Meldeadressen zugelassen.

Düsseldorf. Die Serieneinbrecher, die Ermittler gerade erst gefasst haben, sind jung, kommen aus gutem Hause, brauchen das Geld eigentlich nicht. In ihrer direkten Nachbarschaft sind sie eingestiegen, wenn sich eine Gelegenheit bot. Und ebenfalls in ihrer Heimatstadt selbst brachten sie das Diebesgut wieder an den Mann.

Der Polizei gelang es rasch, die 19 bis 23 Jahre alten Männer aus dem Verkehr zu ziehen. Doch es sind wohl andere Täter, die dafür sorgen, dass die Fallzahlen in Düsseldorf 2011 in die Höhe geschnellt sind. Und bei ihnen handelt es sich um Profis, die ihre Spuren mit mehr Geschick verwischen.

3350 Einbrüche verzeichnet die Polizei in ihrer Statistik für das Jahr 2011. 719 Fälle mehr als 2010. Und sogar 1706 mehr als im Jahr 2007, in dem mit 1644 Einbrüchen ein historischer Tiefstand erreicht war. Gleichzeitig lag die Aufklärungsquote damals mit 16,4 Prozent deutlich höher als 2011, als nur 9,7 Prozent der Taten aufgeklärt werden konnten. Auffällig: Von den ermittelten Tatverdächtigen stammten die Hälfte nicht aus Deutschland.

Jürgen Schneider, Leiter der Polizeidirektion Kriminalität, nennt den Anstieg der Einbruchszahlen in der jüngsten Vergangenheit den „Preis der Liberalität“. Mit der Ausweitung der Reisefreiheit nähmen auch die Aktivitäten von kriminellen Profis — speziell aus Osteuropa — zu.

Die Düsseldorfer Polizei hat auf den krassen Anstieg schon im vergangenen Herbst reagiert und das „Projekt Anstiegsdelikte“ aufgelegt. Für tausende Stunden zusätzlich wurden in der dunklen Jahreszeit Bereitschaftspolizisten nach Düsseldorf beordert, um auf der Straße Präsenz zu zeigen oder Verdächtige gezielt zu observieren. Offenbar mit einem ersten Erfolg: Stiegen die Einbruchszahlen in der ersten Jahreshälfte 2011 noch um fast 50 Prozent an, gab es bis zum Ende des Jahres einen leichten Rückgang und schließlich insgesamt „nur“ ein Plus von 27 Prozent zum Vorjahr.

Was den Ermittlern zunehmend die Arbeit erschwert, ist aber das Operieren der Täter mit Scheinidentitäten. Selbst wenn ein Zeuge mal ein Fluchtauto beobachtet und das Kennzeichen an die Polizei weitergibt, führt das noch nicht zu den Drahtziehern. Denn immer öfter lassen die Banden selbst Autos zu — auf reine Meldeadressen. „Wir hatten in Düsseldorf schon Anschriften, wo 80 Menschen gemeldet waren“, erklärt Jürgen Schneider.

Gleichzeitig eröffneten die Gruppen mit gefälschten Dokumenten zur Identifikation in den Postfilialen — so genannte Post-Ident-Formulare — ein Konto, ließen sich die Scheckkarte zur Briefkastenanschrift schicken. Und schon besäßen sie alles, was sie brauchen, um ein Auto zuzulassen — ohne dass jedoch dieses Auto zu realen Personen zurückverfolgt werden kann. Offenbar gibt es regelrechte Dienstleister, die andere Banden mit Fahrzeugen versorgen. Jürgen Schneider: „In diesem Milieu kennt man sich.“ Es sei „eine hochprofessionelle Kette“.

Die Polizei will jetzt eingreifen, bevor die Banden in Düsseldorf auf große Einbruchstour gehen und danach verschwinden können. Ein „Verdachtsraster“ wird erstellt: Mitarbeiter im Straßenverkehrsamt sollen sensibilisiert werden, der Polizei einen Tipp zu geben, wenn ein Kunde bestimmte Verdachtskriterien erfüllt. Mit solchen Rastern arbeiten bereits Beamte der Grenzfahndung, um aus der Masse von Autofahrern Drogenschmuggler herauszuziehen. „Eine Arbeitsgruppe ,Scheinhalter’ wurde im Polizeipräsidium eingerichtet“, sagt Schneider. Eine Projektskizze existiere schon, nun muss die Stadt ins Boot geholt werden, ohne deren Mitarbeiter das Konzept nicht funktionieren kann. Ob es schließlich dazu beitragen kann, Einbrecher-Profis von außerhalb herauszufiltern, bevor sie ihre Taten verüben können, muss sich dann in der Praxis erweisen.