Schulserie Elly-Heuss-Knapp-Schule: Das Berufskolleg der Vielfalt
Düsseldorf · Vom Tierpfleger bis zum Bäcker, vom Schneider bis zum Stylisten: Knapp 3000 Schüler besuchen die Elly-Heuss-Knapp-Schule und lernen in sieben unterschiedlichen Fachbereichen. Dabei stehen Bildung und Praxis gleichermaßen im Vordergrund.
Skalpell oder Schere? Kris (22) und Safir (19) sind sich noch unschlüssig. Vor ihnen auf dem Tisch liegt der Uterus eines Schweines. Ihn gilt es zu sezieren und besondere Beobachtungen festzuhalten. „So, ihr könnt den Uterus jetzt aufschneiden und euch die Schleimhäute ansehen“, fordert Lehrerin Alexandra Kiemeswenger die Schüler der Klasse 13 des Beruflichen Gymnasiums Gesundheit auf. Bildung und Berufsvorbereitung: Der dreijährige Bildungsgang zur allgemeinen Hochschulreife an der Elly-Heuss-Knapp-Schule vermittelt Grundkenntnisse im Berufsfeld Gesundheit und bereitet auf die spätere Berufstätigkeit vor.
Genau deswegen hat sich Kris für „Elly, die Schule der beruflichen Bildung“ entschieden. Ursprünglich kommt er aus dem Sauerland, doch extra für die Schule ist er nach Düsseldorf gezogen. Sein Berufswunsch ist klar: Er will unbedingt Medizin studieren. Was ihm an dem Berufskolleg besonders gut gefällt? „Die intensive Beziehung zu den Lehrern, die sich um einen kümmern und gezielt fördern“, sagt er. Am „Tag der offenen Tür“ hat er sich damals mit Schülern über ihre Erfahrungen ausgetauscht und sich danach klar für Schule und Umzug entschieden. Auch das findet er sehr positiv: „Eine Schule, die in der Öffentlichkeit immer die Schüler in den Fokus rückt und nicht die Lehrer.“ Ein weiterer Pluspunkt ist für den Schüler: das Talentscouting, das seit dem Schuljahr 2017/2018 angeboten wird. Scout Yvonne Appler fördert und berät junge Talente. Ein zentrales Ziel: „Jungen Menschen gleiche Bildungschancen zu ermöglichen – unabhängig vom Nachnamen oder dem Einkommen der Eltern oder den Unterstützungsmöglichkeiten in ihrem Umfeld.“
Knapp 3000 Schüler besuchen das städtische Berufskolleg an der Siegburger Straße. Sie lernen gemeinsam in den sieben Bereichen: Erziehung, Gesundheit und Soziales, Ernährungs- und Versorgungsmanagement, Textiltechnik und Bekleidung, Körperpflege und Kosmetik, Gestaltung, Agrarwirtschaft und Ausbildungsvorbereitung. Dabei werden sie von 160 Lehrern und acht Referendaren unterstützt.
Während Kris und Safir noch sezieren, schmieren Aylin (18), Yasmin (18), Angelo (18) und ihre Kollegen schon fleißig seit halb Acht Brötchen, die gleich verkauft werden. Die Schüler des Ernährungs- und Versorgungsmanagements haben unter der Anleitung von Werkstattlehrerin Inge Wüster heute noch viel vor, denn Spaghetti Bolognese steht als Mittagsgericht auf dem Speiseplan. Jeweils ein Schüler ist in der Woche der sogenannte Chefkoch: Er muss planen, organisieren, die anderen anleiten. Aylin war letzte Woche an der Reihe. Bei ihr gab es Lauchauflauf mit gefüllten Hackbällchen. Ihre Bilanz: „Gar nicht so einfach, alles im Blick zu haben. Mein Konzept ist auch schon mal durcheinander gekommen, wenn meine Mitschüler nicht das gemacht haben, was ich gesagt habe.“ Trotzdem und wahrscheinlich deswegen sind sich alle einig: „Essen macht Spaß und Essen machen macht genauso viel Spaß!“
Das sieht auch Schulleiter Ludger Traud so, der täglich das Mittagsgericht in der Mensa genießt. Seit 26 Jahren ist er Direktor an der Elly. Begonnen hat man damals mit 600 Schülern und 26 Lehrkräften. Seitdem hat sich einiges getan und entwickelt. Mittlerweile gibt es an der Schule 17 Ausbildungsberufe. „Einer davon ist Tierpfleger und damit sind wir die einzige Berufsschule im Rheinland, die diese Ausbildung anbietet“, berichtet Ludger Traud und fügt hinzu: „Ich liebe einfach die Vielfalt und Veränderung an dieser Schule. Es wird nie langweilig.“ Wenn er einen Fachbereich an seiner Schule wählen müsste? Die Auswahl ist so groß, er wüsste es gar nicht. Wobei, die Berufsschule Bäcker oder Maßschneider, das wäre ja schon etwas für den Chef.
Oder vielleicht Friseur? Die Schüler scheinen ihre Stunde bei der außerbetrieblichen Ausbilderin Gabriele Bongartz sichtlich zu genießen. Ob es an den Kopfmassagen liegt? Heute stehen außerdem die Themen der Gesellenprüfung auf dem Programm, die in einem Jahr stattfinden wird. Übrigens: Die Dauerwelle hat nicht ausgedient, sie heißt jetzt nur anders. Neumodisch wird sie nun Umformung oder auch Beachwave genannt. Dass man an der Schule so viele verschiedene Dinge lernt, gefällt Cilia Jouline (18) gut, die bereits in einem Betrieb war: „Hier lerne ich in kurzer Zeit viel mehr.“