Düsseldorf Eltern fordern klares Ja zu G 9 am Gymnasium

G8, G9 oder sogar beides? Die WZ hat nachgefragt, wie Eltern, Schüler und Schulleiter die Forderungen der Parteien bewerten.

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Düsseldorf. Wer auch immer die Landtagswahl gewinnt: Den Gymnasien stehen große Veränderungen bevor. Denn schon seit Jahren tobt der Streit über die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren. Die Mehrzahl der Düsseldorfer Eltern ist unzufrieden mit dem Schulalltag ihrer Kinder: Zu viel Leistungsdruck, zu viel Lernstress, zu wenig Zeit für Hobbys. Den Schulen bleibt diese Unzufriedenheit nicht verborgen, doch viele scheuen eine erneute Reform. Sie befürchten, wie die Schulträger, ein organisatorisches Chaos, Raum- und Personalmangel durch eine Rückkehr zu G 9 oder gar eine Koexistenz von G 8 und G 9 an einer Schule. In einer Sache sind sich aber alle einig: Bis sich die Schullandschaft beruhigt hat, wird es ein langer und steiniger Weg.

Hiltrud Lintel ist Mutter von drei Kindern. Zwei davon besuchen das St.-Ursula-Gymnasium. Für sie ist klar: Nur eine komplette Rückkehr zu G 9 ist die Lösung gegen den Schulstress ihrer Kinder. Doch mit dieser Meinung fühlt sie sich bei keiner der etablierten Parteien zu Hause: „Keine der Parteien, denen ich mich ansonsten nahe fühle, bekennt sich klar zu G 9“, bedauert sie.

Die CDU will die Schulen entscheiden lassen, ob sie am aktuellen Modell festhält oder zum Abitur nach neun Jahren zurückkehrt. Die SPD möchte eine Koexistenz beider Formen an einer Schule etablieren. Auch bei den Grünen sollen Eltern und Schüler die Wahl haben, indem es eine Aufspaltung in einen G 8- und einen G 9-Zweig gibt. Bei der FDP wiederum sollen die Schulen entscheiden, ob sie G 8, G 9 oder sogar beide Möglichkeiten anbieten wollen. Langfristig will die FDP diese Wahlmöglichkeit auch den Schülern bieten, indem die Oberstufe in einem modularen System ähnlich wie auf der Universität gestaltet werden soll. Einzig Die Linke und AfD sprechen sich für eine komplette Rückkehr zu G 9 aus.

Mit der Forderung „Zurück zu G 9“ steht Hiltrud Lintel nicht allein da: Eine Umfrage der Landeselternschaft brachte zutage, dass sich rund 80 Prozent der Eltern gegen das Turbo-Abi aussprechen. Und auch in Düsseldorf spürt Antje Schuh, Sprecherin der Elternschaft, eine Ablehnung gegenüber dem Turbo-Abi — auch wenn es bei einer Umfrage unter Düsseldorfer Eltern lediglich 40 Rückmeldungen gab und die Antworten gemischt ausfielen. „Im Alltag wird schon deutlich, dass 80 Prozent der Eltern der Meinung sind, dass ihre Kinder besser in einem langen Bildungsgang aufgehoben wären, 20 Prozent sehen für ihre Kinder keine Probleme mit dem aktuellen Modell“, sagt Antje Schuh.

Allerdings müsse man sich auch die Frage der Realisierbarkeit stellen: „Wegen des chronischen Platzmangels in den Schulen ergäben sich große Probleme, G 9 umzusetzen“, sagt Schuh.

Diese Meinung teilen auch Schulträger und Schulleiter. „Es gibt schon jetzt zu wenige Fach- und Unterrichtsräume, dazu herrscht akuter Lehrermangel. G 9 würde bedeuten, dass noch mehr Räume, noch mehr Personal benötigt werden. Das ist aktuell gar nicht realisierbar“, so eine Schulleiterin, die sich lieber anonym äußern will.

Dennoch wäre für sie eine Rückkehr, zumindest einiger Schulen, wünschenswert. „Insgesamt ist die Unzufriedenheit mit G 8 sehr groß, bei den Eltern, aber auch bei den Schülern“, sagt sie. Die Koexistenz beider Modelle an einer Schule halten sie, ihre Kollegen auf Schulleiter-Ebene, aber auch viele Lehrer für unzumutbar. „Da sprechen Politiker von etwas, von dem sie offensichtlich überhaupt keine Ahnung haben. Wie bitte soll so etwas organisiert werden?“

Auch für Mutter Hiltrud Lintel ist dieses System keine realisierbare Lösung: „Durch eine Koexistenz beider Formen an einer Schule wird eine Zweiklassengesellschaft aufgebaut. Es entsteht innerhalb einer Schule große Konkurrenz“, sagt sie.

Aber auch die Befürworter des Turbo-Abis gibt es. Daniel, Schüler am Görres-Gymnasium, ist einer von ihnen: „Für meine Zukunft ist definitiv G 8 besser. Ich möchte schnell mit der Schule fertig werden, um vor meinem Studienbeginn ein Jahr ins Ausland gehen zu können. Eine Rückkehr zu G 9 würde meine Pläne durchkreuzen“, sagt er. Auch Elisa aus der Oberstufe spürt keinen Leistungsdruck. „Wenn man es nicht anders kennt, fällt es gar nicht auf, dass Lehrstoff komprimiert wird. Für mich kann alles so bleiben.“