Karnevalswagen Großes Medieninteresse: Tillys Satire geht um die Welt
Das Medieninteresse an den provokanten Wagen ist riesig. Bis in den Jemen, Kuweit oder Uruguay.
Düsseldorf. Viele Jahre lang hatte Jacques Tilly am Karnevalsdienstag einen festen Termin. Da fuhr er zum Hauptbahnhof und sammelte alle Zeitungen ein, die über den Düsseldorfer Rosenmontagszug berichtet hatten. Inzwischen überprüft der 53-Jährige die Reichweite seiner frechen Mottowagen vom Computer aus. Und meldet einen Rekord: 647 Presseorgane aus aller Welt haben Fotos vom Düsseldorfer Zoch gezeigt. „Da ist Deutschland noch gar nicht dabei. Dazu bin ich noch nicht gekommen“, freut sich Tilly über die Riesen-Resonanz.
Besonders der Doppel-Wagen zu Donald Trump sorgte für Schlagzeilen: „Vor allem in Amerika. Da kam auch jede Menge Kritik von Trump-Fans. Allein auf einer rechten Internet-Seite gab es 25 000 Kommentare.“ Die empörten sich vor allem über die Freiheitsstatue, die den Kopf des amerikanischen Präsidenten in der Hand hielt. „Ich wurde sogar mit dem IS verglichen. Aber Satire muss überzeichnen. Ich habe vorher schon acht Wagen mit Geköpften gezeigt“, sagt Tilly.
Der zweite internationale Hit war der Wagen „Blond ist das neue Braun“, der die Rechts-Populisten Trump, Marine Le Pen und Geert Wilders in einer Reihe mit Adolf Hitler zeigte. 163 Zeitungen druckten Fotos davon.
Für zwei Wagen ging die Fahrt erst richtig los, nachdem die Wagenbauhalle erreicht war. Der Brexit-Wagen mit Theresa May rollt inzwischen durch London. Der soll die englische Premierministerin durch den ganzen Wahlkampf begleiten, denn das Carnevals Comitee hat das Gefährt den Brexit-Gegnern zur Verfügung gestellt. Tilly: „Sie hat ihn auch schon gesehen. Er stand vor der Tür der BBC, als Theresa May dort zu einem Interview erschien.“ Kritiker des ungarischen Ministerpräsidenten Orban haben sich den Mottowagen mit den nimmersatten Raupen ausgeliehen, um damit auf den Straßen zu protestieren.
Auch eine Auswertung nach Ländern hat der Wagenbauer gemacht. 90 amerikanische Zeitungen berichteten vor allem über die Trump-Wagen. Mit jeweils 43 Presseorganen folgen Frankreich und Polen, gefolgt von Holland (40), England (32), der Ukraine (27), Mexiko (25) und Russland (25).
Aber längst erreichen die politischen Wagen aus Düsseldorf auch entlegene Flecken auf dem Planeten: Leser in Uruguay, dem Jemen, Syrien, Dubai, Indonesien oder Nigeria bekamen die Bilder zu sehen. Erstaunlich: Ganze zwei Zeitungen in der Türkei fanden den Zug berichtenswert.
Für Jacques Tilly und sein Team in der Wagenbauhalle ist der Medien-Hype ein Ansporn. „Wir werden ja auch jedes Jahr immer besser“, sagt er selbstbewusst. Dass die Meinungen zu den oft drastischen Darstellungen geteilt sind, nimmt der Künstler relativ gelassen: „Da muss man durch.“