Eltern wollen Geburtshaus retten
Der Einrichtung an der Achenbachstraße droht im Sommer das Aus. Die Leiterin setzt nun auf ein Treffen mit der Ministerin — und Mütter und Väter.
Düsseldorf. Auf dem Zettel an der Tür steht höflich, aber bestimmt: „Pssssst, Geburt. Bitte nicht klingeln.“ Routine im Geburtshaus Düsseldorf an der Achenbachstraße. Seit 1995 gibt es die gemeinnützige Einrichtung. Pro Jahr werden im Schnitt dort — oder von dort aus auf dem Wege der Hausgeburt — an die 150 Kinder zur Welt gebracht. Mit Hilfe der zehn im Geburtshaus tätigen Hebammen.
Doch wie berichtet, braut sich Ungemach über dem Geburtshaus zusammen. Weil die Nürnberger Versicherung freiberuflich tätige Hebammen nicht mehr versichern will, und sich bislang keine andere Versicherung gefunden hat, droht der Einrichtung im Sommer 2015 das Aus.
Die Doppelleitung aus Meike Kemnitz (Geschäftsführung) und Hebamme Isabelle Rosa-Bian (fachliche Leitung) setzt auf die Öffentlichkeit und die Politik. Erstes Ergebnis: Beim Runden Tisch mit NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) in der kommenden Woche ist das Geburtshaus Düsseldorf vertreten. Isabelle Rosa-Bian präsentierte sich am Donnerstag gegenüber der WZ kämpferisch: „Ich sitze mit am Tisch. Wir geben nicht auf.“
Für die Einrichtung gibt es offenbar viel Unterstützung von der Basis. Rosa-Bian: „Die Familien, die mit uns geboren haben³, sind entsetzt und schreiben fleißig Briefe an Politiker in Berlin und ermutigen Freunde, dies auch zu tun.“ Susanne und Kubilay Mermertas nicken dazu. Die Eheleute haben vor vier Monaten ihre Tochter Nele Su bekommen — zu Hause, „ihre“ Hebamme Isabelle Rosa-Bian war natürlich dabei. Vorher haben beide — teilweise gemeinsam — an diversen Kursen im Geburtshaus teilgenommen. „Das gibt Selbstvertrauen. Und die Beratung und Vorsorge war viel persönlicher als im Krankenhaus.“ Fazit des Düsseldorfer Paares: „Wir wollen, dass das Geburtshaus erhalten bleibt.“
Bis das klappt, muss noch viel geschehen. Zum Vergleich: In Deutschland kommen „nur“ etwas mehr als zwei Prozent der Kinder per Hausgeburt auf die Welt. In den Niederlanden liegen diese Zahlen bei mehr als 40 Prozent. Isabelle Rosa-Bian: „In anderen europäischen Ländern hilft unter anderem ein staatlicher Rettungsschirm, wenn die Schadenssumme den versicherten Schaden übersteigt.“
Und die Stimmung im Hebammen-Team? Die ist laut Isabelle Rosa-Bian von Fassungslosigkeit geprägt: „Die Kolleginnen können einfach nicht glauben, dass sich die Situation jetzt so zugespitzt hat und Berlin sich immer noch nicht bewegt. Viele sehen bereits ihre Existenz vor dem Aus, haben Angst, dass sie im Sommer 2015 noch mal ganz von vorne anfangen müssen.“
Die gute Nachricht: Während des WZ-Besuchs kam im Geburtshaus Düsseldorf wieder einmal ein Kind zur Welt — Noah ist gesund und munter.