Fiftyfifty in Not: Jetzt sollen Fortuna und die Toten Hosen das Magazin retten
Die Auflage des seit 1995 existierenden Obdachlosenmagazin geht stark zurück, Verkäufer auf der Straße sollen trotzdem nicht zu Bettlern degradiert werden. Große, populäre Namen sollen den Trend aufhalten oder gar drehen.
Düsseldorf. Es ist sicher nicht übertrieben, wenn man die seit 1995 existierende Obachlosenzeitung Fiftyfifty als ein echtes Stück Düsseldorf bezeichnet. Gute Texte, interessante Themen und (meistens) nette Obdachlose als Verkäufer auf der Straße: Die Mischung schmückt eine Stadt, die nicht selten als neureich-oberflächlich verschrieen ist (wenn auch zu Unrecht). Doch nun steckt das Straßenmagazin in der Krise, und das mittlerweile so tief, dass Fiftyfifty-Chef Hubert Ostendorf Alarm schlägt: „Die Auflage geht weiter zurück und droht jetzt unter eine Grenze zu rutschen, wo wir das Blatt aus Spendengeldern stützen müssten, was nicht in Frage kommt.“
Das Straßenmagazin war mit 23 000 Exemplaren vor 23 Jahren gestartet, in der Folge dann auf gut 40 000 angewachsen, doch in den letzten Jahren ging es steil bergab. Mittlerweile liegt die Auflage gerade noch bei über 20 000. Hauptgrund ist natürlich das Leseverhalten der jüngeren Generationen, die — wenn überhaupt — Medien digital konsumieren. „Wir können aber nicht so einfach ins Netz ausweichen, wir leben von der Präsenz auf der Straße“, sagt Ostendorf. Und der Verkaufspreis lasse sich auf Sicht auch nicht mehr erhöhen.
Schlecht sei es zudem, wenn die Zeitungsverkäufer nur Geld erbettelten beziehungsweise die Spender ihnen etwas Geld in die Hand drücken, die Zeitung aber nicht haben wollen. Natürlich dürften Obdachlose auch betteln, aber nicht, wenn sie gerade die Fiftyfifty verkaufen sollen, sagt Ostendorf. Die Juni-Ausgabe macht das zum Titelthema. An Stelle eines normalen Aufmachers wird dann die dicke Überschrift „Ich verkaufe eine Straßenzeitung und bettele nicht“ stehen.
Zugleich versuchen die Macher die Zeitung mit populäreren Themen und Partnern besser zu vermarkten. So widmen sich die nächsten Titel den Toten Hosen und der fortuna, dann wird einmal Kunst über die Zeitung verschenkt.
Apropos Kunst: Seit jeher hat Fiftyfifty auch vom Verkauf von Werken bedeutender Künstler von Georg Baselitz bis Gerhard Richter gelebt. Um jetzt schnell Geld in die Kasse zu kriegen, werden aktuell Werke von Ruff, Penck, Piene, Mack, Baselitz, Cragg oder Lüpertz zu Sonderpreisen (mit bis zu 50 Prozent Rabatt) angeboten. Denn den Verein Asphalt sorgt nicht nur das Magazin Fiftyfifty, an Geld mangelt es auch für die Renovierung von Unterkünften für Wohnungslose. Allein etwa 50 000 Euro fehlen noch für das gekaufte Haus in Holthausen mit fünf Wohneinheiten. Für 79 000 Euro könnte Fiftyfifty ein leerstehendes Appartement kaufen, in das ein Wohnungsloser, der seit Jahrzehnten auf der Straße lebt, ziehen soll. 30 000 Euro sind durch den Verkauf von Kunst im Kasten (Ostendorf: Wir haben zum Glück eine supertreue Spender-Gemeinde“), den großen Rest hofft man durch Spenden noch rein zu holen.
Ein weiteres Sorgenkind in Sachen Geld ist die von Fiftyfifty mitgegründete Flüchtlingshilfe „Stay“. Speziell für sie steigt am 8. Juni in der Galerie an der Jägerstraße 15 eine Benefiz-Verkaufsausstellung mit Werken von Gursky, Klinger, Sieverding, Ruff und Candida Höfer.