Forscher sichten Hetzbriefe an die Jüdische Gemeinde

Am Anfang des Projekts standen Zuschriften zum aktuellen Gaza-Konflikt. Die Sammlung umfasst mehr als 200 Briefe.

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Düsseldorf. Seit dem erneuten Aufflammen des Gaza-Konflikts nimmt die Hetzpost im Briefkasten der Jüdischen Gemeinde zu: seitenlange Briefe, extremistische Magazine zur Belehrung und in einem aktuellen Fall sogar ein Aufruf zur „Vernichtung“ von Menschen auf einer Postkarte, die an ein Mitglied der deutsch-israelischen Gesellschaft ging. Jetzt untersucht die Fachhochschule (FH) diese Schreiben für ihre Forschung zum Antisemitismus.

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Grundstock sind mehr als 200 Schreiben an die Gemeinde und einzelne Repräsentanten. Die Stücke aus 30 Jahren hatte der Verwaltungsdirektor der Gemeinde, Michael Szentei-Heise, an den FH-Beauftragten für den künftigen Erinnerungs- und Lernort auf dem Campus der Fachhochschule, den Historiker Joachim Schröder, übergeben. Der hatte danach gefragt, weil das Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung eine Sammlung zum Thema hat.

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„Es hat mich erschreckt, wie gezielt Holocaust-Überlebende im Jüdischen Altenheim in Golzheim angegangen wurden“, beschreibt der Forscher seinen ersten Eindruck von den Briefen. Nur ein Teil der Pamphlete sei übrigens anonym: Manche Akademiker hätten mit vollen Namen unterschrieben.

„Wenn es bedrohlich wird, zeigen wir das an. Ansonsten heften wir es ab“, erklärt Szentei-Heise, wie man mit solcher Post umgeht. So gibt es offenbar provozierend gemeinte Postkarten mit abgeschriebenen christlichen Gebeten. Und die Abbildung einer Rasierklinge nebst Anleitung, wie der Empfänger sich mit so einem Werkzeug umbringen soll.

Es gelte zu unterscheiden, sagt Schröder: Antisemitismus bestehe nicht in Kritik an israelischer Politik. In den gesammelten Zuschriften würden aber „Die Juden“ zum Sündenbock schlechthin gemacht, diffamierende Mythen zitiert und Israel mit dem Nazi-Regime verglichen. Schröder: „Das sind Muster des Antisemitismus, die immer gleich bleiben.“

Nur ein kleiner Teil der Briefe lasse sich politisch links- oder rechtsextremen Szenen zuordnen, erläutert Projekt-Mitarbeiterin Lea Wagner. Die Studentin für Geschichte und Jüdische Studien hat über Wochen die Dokumente abgelichtet und im Computer gesichert: „Die meisten Briefe stammen aus der Mitte der Gesellschaft.“

Schröder kündigt an, einige Briefe als Anschauungsmaterial im Erinnerungsort auf dem FH-Campus zu zeigen — bei aller Vorsicht: „Wir sind zurückhaltend darin, sowas zu verbreiten.“