Fortuna: Der lange Weg zum großen Jubel
7000 Fans begleiteten die Fortuna am Donnerstag zum Auswärtsspiel nach Berlin und erlebten einen historischen Tag. Selbst defekte Busse und Staus konnten sie nicht aufhalten.
Heute ist ein besonderer Tag. Es ist 10 Uhr am Donnerstagmorgen. Am Hauptbahnhof sammeln sich die ersten Gruppen und bereiten sich auf ihre Tour nach Berlin vor. Die Luft riecht nach den Zigaretten, die noch hektisch geraucht werden. Fahnen, Rucksäcke und Getränke liegen auf dem Bürgersteig, drumherum stehen die Fans. Langsam steigt die Spannung. Eigentlich könnte es los gehen. Aber der Bus fehlt noch.
Die Stimmung unter den Fans ist angespannt bis optimistisch. Für manche ist Fortuna jetzt „einfach mal dran“, andere kennen ihre launische Diva. „Wenn es drauf ankommt, reißen wir doch eh nichts“, sagt einer und schüttelt den Kopf.
Fortuna soll am Abend beim Relegations-Hinspiel im Berliner Olympiastadion einen großen Schritt in Richtung Fußball-Bundesliga machen. Es ist der Tag, auf den Tausende seit 15 Jahren warten. Ein Tag, in den all jene ihre Hoffnungen stecken, die sich jede Saison im Zwei-Wochen-Rhythmus aufmachen, um Fortuna quer durch die Republik zu begleiten. Die ihren Urlaub komplett nach dem Spielplan ausrichten. Die Geburtstage von Freunden und Verwandten ausfallen lassen, um „die Jungs“ zu sehen. Die in den vergangenen Jahren unzählige Stunden in unbequemen Autos, Bussen und Zügen verbracht und sich die Nächte um die Ohren geschlagen haben.
Heute ist ein besonderer Tag. Irgendetwas liegt in der Luft. Das merken hier alle. Endlich kommt der Bus. Die Fans steigen ein und verstauen ihre Rucksäcke in den viel zu kleinen Fächern. Draußen hupen vorbeifahrende Autofahrer und wünschen Glück. Draußen kommt eine ältere Dame vorbei und fragt, wo die Reise hingeht. Als sie die Antwort bekommt, guckt sie ungläubig. „Sie fahren jetzt für 90 Minuten Fußball nach Berlin? Das Spiel kommt doch im Fernsehen.“ Zwei ältere Fans lachen. Für sie ist die Reise keine Option, sie müssen nach Berlin. Sie können sich diese historische Chance nicht entgehen lassen, die Mannschaft vor Ort in die Bundesliga zu schreien.
In den vergangenen Wochen ging es nach Cottbus, Rostock, Dresden und Fürth. Nun also Berlin, 550 Kilometer pro Strecke. Insgesamt sind die meisten der 7000 Fans mehr als 20 Stunden unterwegs. Doch wer in den vergangenen Jahren bei Wind und Wetter zu Bremen II, nach Sandhausen oder Emden gefahren ist, für den gibt es jetzt kein sachliches Abwägen. Und was sind schon 20 Stunden gegen 15 Jahre?
Gegen Mittag sind 20 Fanbusse und hunderte Autos auf der A 2 unterwegs. Dazu fahren zwei Sonderzüge. In den Bussen wird die Luft langsam stickig. Nach einigen Stunden tut der Rücken weh. Und auch die Beine könnten langsam mal ausgestreckt werden. Jede Rast ist eine Wohltat. Vor allem, weil an den Rastplätzen noch andere Fanbusse halten. Man kennt sich. Hier noch eine Anekdote aus früheren Fahrten, da eine Beruhigungs-Zigarette.
Während die 1400 Fans in den Sonderzügen schon fast in Berlin sind, gibt es auf der Autobahn Frust. Die einen stehen bei Braunschweig im Stau, für andere geht es nur bis Bielefeld. Und ein Bus ist defekt: Zwei Stunden lang wartet der Fanklub „Fortuna treu“ auf einen Ersatzwagen. Zeitlich wird es jetzt richtig eng.
Auch in den anderen Bussen steigt die Spannung. Es wird nur noch wenig gelacht, viele gucken einfach aus dem Fenster. Die Angst geht um. Was wäre wenn? Steigen wir wirklich auf? Geht es nächstes Jahr nach Gladbach, Schalke und Dortmund?
Die Zeit wird immer knapper. In 90 Minuten geht das Spiel los, aber zahlreiche Busse sind noch mehr als 100 Kilometer vor Berlin. „Ist das bitter“, sagt jemand. „Da fährst du seit Jahren zu jedem Spiel, sitzt heute wieder 20 Stunden im Bus, und jetzt siehst du das Spiel nicht ganz?“ Am Ende wird es ganz knapp: Mancher Bus kommt erst mit Anpfiff am Stadion an, mancher gar zu spät.
Drinnen geht es nicht gut los, Hertha führt zur Pause 1:0. Doch dann folgt diese magische zweite Hälfte, Fortuna dreht das Spiel, gewinnt 2:1. Die Bundesliga ist ganz nah. Draußen wird gefeiert. Die stundenlange Rückfahrt? Ein Klacks!