Düsseldorf. Zwei Mal ist David erwischt worden. Es sei keine große Sache gewesen, sagt der 20-Jährige. Trotzdem landete er vor Gericht und schließlich in der Einrichtung der Jugendberufshilfe (JBH) in Stockum.
Für David ein Glück. Denn die JBH setzt zuerst auf Perspektiven und unterstützt Jugendliche darin, gerade noch die Kurve zu bekommen, bevor sie in die Kriminalität abdriften. Ab September hat David eine Lehrstelle, ein Nachbar hat sie ihm besorgt.
Das soziale Umfeld des 20-Jährigen funktioniert also. Das ist die Voraussetzung für die zweite Chance, die ein Netzwerk aus Justiz, Polizei, JBH und Stadt Jugendlichen im Rahmen des Projekts "Gelbe Karte" zugestehen. Das meint: Erst- und Zweittäter werden nicht angeklagt, sondern können am Tag nach einem warnenden Gespräch bei der Jugendberufshilfe Sozialstunden ableisten. Sie bekommen dort sinnvolle Aufgaben. Das Verantwortungsgefühl soll gestärkt werden.
Am Freitag besuchte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter die Einrichtung. Für sie hat das Projekt Vorbildcharakter. Das sehen auch die Träger so: Das Angebot wurde gerade erst auf den Stadtnorden ausgeweitet. Den ersten fünf Jugendlichen wird dort bereits geholfen.
"Die Leute sind nett hier", sagt David, der lernt, einen Garten zu bestellen und Kräuter zu ziehen. "Das kann man immer mal gebrauchen. Und es ist besser, als eingesperrt zu werden." Das nämlich droht denjenigen, die ihre Chance nicht nutzen. Sie müssen sich auf Jugendarrest gefasst machen.
Jedoch: Bei manchen Tätern stoßen auch die Helfer an ihre Grenzen. Die zehn Jugendlichen aus Hellerhof, die seit Ende 2008 mindestens 36 Einbrüche begangen haben sollen, werden sich wohl alle vor Gericht verantworten müssen. "Das Verfahren der Gelben Karte kommt nicht in Frage", sagt Polizeisprecher Wolfgang Wierich. Wohnungseinbruch sei eine zu schwere Tat, ein Warnschuss keine angemessene Reaktion.
Zunächst werden die drei mutmaßlichen Haupttäter (16 bis 20 Jahre alt) vor dem Jugendschöffengericht stehen. Bei ihnen kommt zu der hohen Zahl an Einbrüchen noch die Tatsache hinzu, dass die Polizei Bandenstrukturen erkennt.
Die drei Jugendlichen sitzen derzeit in U-Haft - wie Erwachsene könnten sie ein halbes Jahr im Gefängnis festgehalten werden. "Aber wir wollen, dass in einem halben Jahr ein Urteil gesprochen ist", sagt Rainer Reinhardt, Leiter der zuständigen Ermittlungskommission "Juba" (für Jugendbande). Schon Ende nächster Woche will er die Akten an die Staatsanwaltschaft übergeben.
Aber auch den Mitgliedern der Bande, die noch nicht einschlägig bei der Polizei bekannt sind, wird wohl der Prozess gemacht. Vielen jungen Menschen, so glaubt Wierich, ist nicht bewusst, dass Taten wie Einbruch keine Kavaliersdelikte sind.
"Die so genannte Abzocke gewichten viele Jugendliche wie einen Ladendiebstahl", erklärt Wierich. "Aber es ist eine Raubstraftat." Und die wird mit Haft ab einem Jahr bestraft. Gelbe Karte? Zweite Chance? Unmöglich.