Gericht: Opa Hans (89) muss aus seiner Wohnung raus
Rentner scheitert mit Klage gegen seine Kündigung. Bündnis für bezahlbaren Wohnraum kündigt Protest an.
Düsseldorf. Es wird das letzte Weihnachtsfest sein, das Hans Liedloff in seinen eigenen vier Wänden feiern kann. Am 31. Januar nächsten Jahres muss der 89-Jährige seine Drei-Zimmer-Wohnung in Garath verlassen. Das Landgericht wies die Klage des Rentners gegen die Kündigung seines Vermieters ab.
Unterstützung bekommt „Opa Hans“ vom Düsseldorfer Bündnis für bezahlbaren Wohnraum. „Wenn es tatsächlich zu einer Räumung kommen sollte, werden wir versuchen, das mit allen Mitteln zu verhindern, auch mit Sitzblockaden“, kündigte Sprecher Oliver Ongaro an. Im Raum steht der Verdacht, der Eigentümer wolle hinterher teurer weitervermieten.
Mehr als ein halbes Jahrhundert lebt Liedloff, der inzwischen fast blind ist, in seiner Mietwohnung. Doch seit neun Jahren ist das Verhältnis zu seinem Vermieter schwer gestört. Es begann damit, dass angeblich unangekündigt damit begonnen wurde, den Balkon aufzureißen: „Damals war meine Frau allein zu Hause. Sie ist wenig später gestorben.“ Das war auch der Grund dafür, dass „Opa Hans“ es nicht übers Herz brachte, eine Entschuldigung an den Wohnungseigentümer zu schreiben, wie es eigentlich beim letzten Verhandlungstermin vereinbart war. Liedloff hatte gegen den Vermieter nach dem Vorfall mit seiner Frau Strafanzeige wegen Nötigung erstattet. „Aber die andere Seite hat sich auch nie entschuldigt“, erklärte der 89-Jährige.
So entschied das Gericht nach Aktenlage. Und danach hat Liedloff wegen verschiedener anderer Mängel — unter anderem wurde sein Trockenraum zum Partykeller umgebaut — die Miete gekürzt. „Wenn die Rückstände zwei Monatsmieten übersteigen, kann der Vermieter die Kündigung aussprechen“, so der Vorsitzende Richter Michael Scholz.
Die Kammer habe sich außerhalb der Verhandlung um eine Lösung bemüht, die aber nicht zustande kam. Normalerweise ist in solchen Fällen eine sofortige Räumung anzuordnen. Doch wegen des außergewöhnlichen Falls wurde Liedloff eine Frist von drei Monaten gewährt. Eine Revision gegen das Urteil ist nicht möglich.
Für „Opa Hans“ war die Entscheidung ein Schock. Denn wegen seiner schweren Sehschwäche ist er auf seine gewohnte Umgebung angewiesen. Er kann sich aber immer noch ohne fremde Hilfe versorgen, er fährt sogar noch selbstständig mit der Bahn bis Leverkusen. Von einer neuen Wohnung aus wäre das kaum möglich. „Ich weiß, was ich mache, wenn ich geräumt werde“, so der Rentner unmittelbar nach dem Urteil, „aber ich möchte nicht darüber sprechen.“
Getröstet wurde Liedloff von seinem Freund Kalle Gierigk vom Kölner Bündnis „Recht auf Stadt“, der ihn in den vergangenen Monaten auch unterstützt hatte: „Wir gehen auf den Schreck jetzt erstmal ein Bier trinken.“