70. Düsseldorfer Unger-Spiele des ART Große Dramen — historische Erfolge

Sonntag feiern die Unger-Spiele des ART 70. Geburtstag. Das Leichtathletik-Fest zählt zu den ältesten der Region — und hat eine Menge erlebt.

70. Düsseldorfer Unger-Spiele des ART: Große Dramen — historische Erfolge
Foto: Franke

Düsseldorf. Viele Sportveranstaltungen schaffen es 30 oder gar 40 Jahre. Doch dann verschwinden sie aus den unterschiedlichsten Gründen. Nicht so die Wilhelm-Unger-Spiele des ART, die am Sonntag zum 70. Mal im Rather Waldstadion stattfinden und zahlreiche Leichtathletik-Fans anziehen.

Dabei ist auch die Geschichte der Unger-Spiele nicht frei von Tiefen. Ende der 70er Jahre, als sie noch auf der Aschenbahn in Rath stattfinden mussten, waren sie in die Krise geraten. Mit dem dennoch ungeliebten Umzug auf die Kunststoffbahn ins frühere Rheinstadion (heute Arena-Sportpark) konnten sie aber am Leben erhalten werden. Erst 2005 ging es zurück in das inzwischen modernisierte Rather Waldstadion. Und seitdem sind sie um so mehr aufgelebt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Zahl der Athleten in diesem Jahr in Grenzen halten wird. „So kurz nach den Sommerferien ist die Teilnehmerzahl noch sehr gering“, erzählt ART-Abteilungsleister Jochen Grundmann.

Grundmann, seit sieben Jahren wieder im Boot, kennt die Spiele wie kaum ein Zweiter. Seit 1946 wurden sie nach Wilhelm Unger persönlich über Jahrzehnte von Adolf Böhr (senior), Dieter Stecher und ihm organisiert. Grundmann bekommt leuchtende Augen, wenn er sich an die Glanzzeiten zu Beginn der 70er Jahre erinnert. Damals präsentierten sich in Rath Weltklasse-Athleten aus den USA und Südost-Asien. Was tausende Zuschauer anlockte. Grundmann hat in alten Unterlagen Schreiben von Adolf Böhr an die Rheinbahn gefunden, in denen er extra nach Sonder-Straßenbahnen bis zur Rehstraße fragte.

Heute kommen nur noch wenige Sportler und Zuschauer mit der Straßenbahn bis zum Waldstadion, obwohl die Bahn direkt vor dem Stadion hält und man nur wenige Stufen empor laufen muss. „Das ist auch unser besonderes Problem“, weiß Grundmann. Der ART kann die Unger-Spiele daher nur an einem Sonntag (10 bis 18 Uhr) durchführen, nur dann ist in der Gegend so mancher Parkplatz frei, auch bei einigen Discount-Märkten.

Der Zauber der Wettkämpfe liegt in der Tradition der längst untergegangenen turnerischen Bergfeste, wie dem Barmer Waldfest in Wuppertal, dem Kaiserbergfest in Duisburg oder dem Süchtelner Bergfest. Duisburg und Wuppertal haben heute keine Bergfeste mehr, Süchteln besteht als Leichtathletik-Fest (in veränderter Form) schon seit mehr als 100 Jahren. In Düsseldorf war es eben jener Wilhelm Unger, der langjährige Förderer des ART-Vorläufer-Vereins ATV 77, der bereits vor dem zweiten Weltkrieg mit seinen „Düsseldorfer Kampfspielen“ in Rath begann. Nach dem Krieg nahm er der Spiele 1946 im kaum wieder hergestellten Waldstadion wieder auf. Seitdem werden sie nummeriert, später trugen sie auch seinen Namen und gingen über zwei Tage, da auch viele turnerische Disziplinen ausgetragen wurden. Bis zu 2000 Sportler aller Altersgruppen kamen nach Rath.

Heute sind die Unger-Spiele ein reines Leichtaththletik-Sportfest für Jedermann, das vor vier Jahren traurige Schlagzeilen produzierte, als ein Kampfrichter von seinem Speer getroffen wurde und starb. Mehr als 800 Besucher wurden Zeugen des grausamen Geschehens und litten Wochen lang unter dem Schock, der sich lange lähmend auf den gesamten ART ausgewirkt hatte. Heute gibt es gleich am Eingang eine Gedenkschale.

Vor zwei Jahren schrieben die Unger-Spiele mit einer ganz anderen Geschichte Schlagzeilen — in Südafrika. Zu Gast war ein College-Team aus Johannesburg. Der Großteil bestand aus wohlhabenden Weißen, nur ein kleiner Teil waren schwarze Top-Sprinter. Einer von ihnen, Roscoe Engel aus Kapstadt, gewann das 100-Meter-Finale in starken 10,39 Sekunden. Noch zwei Tage später liefen ihm die Tränen über die Wangen, als er daran dachte, wie er bei seinem Sieg von den „weißen Buren aus Johannesburg“ umjubelt wurde. Die hatten sich von den Sitzen erhoben und ihn mit „Standing Ovations“ gefeiert. „Das war ein historischen Ereignis in Südafrika, dass wir Schwarzen von den Weißen erstmals überhaupt bejubelt wurden“, erinnert sich Engel noch heute an seinen Sieg in Rath.

Im Vorjahr schafften es die Unger-Spiele gar in die Nachrichten in Katar. Der 18-jährige Magour Badir warf mit dem Speer neuen Landes-Rekord mit 77,68 Meter für sein Land.