Große Musik als erlesenes Kammerspiel

Sir András Schiff und seine Cappella Andrea Barca glänzten in der Tonhalle mit Bach und Mozart.

Foto: Yutaka Suzuki

Unterschiedliche Besetzungen sind oft mit lästigem Umräumen auf dem Konzertpodium verbunden. Der ungarisch-britische Starpianist Sir András Schiff löst die Sache eleganter: Er lässt alle Musiker auf ihrem Platz, auch dann, wenn sie gar nicht dran sind. Und auch er selbst nimmt gelegentlich als reiner Zuhörer am Flügel Platz, ohne eine Taste anzurühren.

So zu beobachten jetzt in der Tonhalle. Schiff und die Cappella Andrea Barca gastierten in Düsseldorf mit Werken von Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart. Es erklangen Konzerte für ein und zwei Klaviere und Orchester, eine Bläserserenade, Musik für Klavier solo oder nur für Streicher. Aber egal, wer spielte, die Mannschaft bildete durchgehend geschlossene Reihen. Das war kein bloßes Konzert, sondern ein Musizieren als erlauchtes Gemeinschaftserlebnis. Wenn das Bläser-Ensemble Mozarts Serenade „Nacht Musique“ spielt, lauschen Schiff und seine junge Pianisten-Kollegin Schaghajegh Nosrati andächtig. Und dazu gibt es Grund, besteht die Gruppe doch aus erstklassigen Solisten. Eines der beiden Hörner spielt keine Geringere als die weltbekannte Solo-Hornistin Marie-Luise Neunecker.

Solche Musiker sind mehr als ein Orchester, sie bilden ein großes Kammerensemble. Als Dirigent ist András Schiff nur gelegentlich vonnöten. Die kleinen Ensembles wissen auch so, wann sie ihren Einsatz haben. Alles funktioniert wie in einem perfekten Uhrwerk. Die junge, aus Bochum stammende Pianistin Schaghajegh Nosrati erweist sich als Glückgriff und würdige Duo-Partnerin in Bachs Konzert c-Moll für zwei Klaviere und Orchester. Sie stellt eigenständiges Profil unter Beweis mit schönem, vollem Anschlag.

Nach der Pause spielt Schiff allein am Bösendorfer-Flügel eine Fuge aus Bachs „Musikalischem Opfer“, gefolgt von dem Pendant für Streicher. Das Stück steht in c-Moll, und ohne Pause geht es danach abermals weiter mit c-Moll - es erklingt der Anfang von Mozarts Klavierkonzert c-Moll - ein Übergang mit knisternder Spannung. Luzide und transparent spielt Schiff den anspruchsvollen Solopart, immer sehr fein, aber niemals kraftlos. Hier gibt er dem Orchester ein paar Einsätze, an pointierten Stellen streckt er resolut die Faust in die Luft. Die Zugabe wächst zu einem eignen kleinen Konzertteil heran. Schiff wendet sich ans Publikum: „Das ganze Konzert stand in c-Moll, jetzt kommt etwas in der Paralleltonart Es-Dur, etwas nicht so Heiteres aus Düsseldorf: die Geistervariationen von Robert Schumann.“ Schiff spielt Schumanns letztes Werk, das zu der Zeit entstand, als Schumann sich in den Rhein stürzte, mit starker Konzentration, lyrisch trotz des gerafften Tempos - ein sehr poetischer und nachdenklicher Konzertschluss, bei dem natürlich auch das ganze Orchester auf dem Podium anwesend blieb und dem Meister an den Tasten lauschte.