Ruhestand Großer Bahnhof zum Abschied von Michael Szentei-Heise

Düsseldorf · Der Direktor der Jüdischen Gemeinde geht in den Ruhestand. Der WZ schilderte er seine bewegendsten Erlebnisse.

 Michael Szentei-Heise mit Breiti (r.), dem neuen Verwaltungsdirektor Michael Rubenstein (2. v.l.) und dessen Mutter Ruth (l).

Michael Szentei-Heise mit Breiti (r.), dem neuen Verwaltungsdirektor Michael Rubenstein (2. v.l.) und dessen Mutter Ruth (l).

Foto: Wolfgang Harste

Es gibt wohl kaum jemanden, der in der Stadt so gut vernetzt ist wie Michael Szentei-Heise. Dementsprechend bunt war die Gästeliste, als der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde sich am Mittwoch nach 33 Jahren in den Ruhestand verabschiedete. Die reichte von NRW-Justizminister Peter Biesenbach über Wagenbauer Jacques Tilly, Breiti von den Toten Hosen, Oberbürgermeister Thomas Geisel bis zu Landgerichtspräsident Bernd Scheiff. Eine bunte Mischung quer durch die Stadtgesellschaft, wie sie dem scheidenden Chef der Jüdischen Gemeinde sicher gut gefiel. Szentei-Heise wird der Gemeinde aber weiter erhalten bleiben. Der WZ schilderte er die drei Ereignisse, die ihn in den vergangenen 33 Jahren am meisten bewegt haben.

Der 65-Jährige braucht nicht lange nachzudenken: „Da fällt mir sofort die Beerdigung von Paul Spiegel ein. Dazu war auch der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble gekommen, der damals schon im Rollstuhl saß.“ Man hatte einen Korridor geschaffen, damit Schäuble zur Trauerfeier bis in die erste Reihe fahren konnte.“ Danach fragte Szentei-Heise den Innenminister, ob er einen Niederflur-Bus besorgen solle, damit Schäuble auch auf den Friedhof fahren kann. Der antwortete ihm: „Ich bin zwar für die Freiheit der Bürger in diesem Land verantwortlich, aber über meine eigene Freiheit entscheide ich schon lange nicht mehr.“ Die werde von der Security bestimmt.

Die zweite Episode spielte sich während des Katholischen Kirchentages ab, bei dem es auch eine Empfang in der Jüdischen Gemeinde gab: „Da war ein Mann in feierlichem Ornat, der sich auf dem Gang mit Helen Israel, einer unserer Gemeindemitarbeiterinnen, unterhielt. Und zwar in fließendem Jiddisch. Es stellte sich heraus, dass das der Kardinal von Paris war. Er war in Polen als Jude geboren worden und hatte dann später den christlichen Glauben angenommen.“

Das dritte Erlebnis hatte Szentei-Heise in Berlin, als er am Wannsee an einer Tagung des Jüdischen Wohlfahrsverbandes teilnahm: „Da bin ich morgens am Wannsee spazieren gegangen und sah einen streng gläubigen amerikanischen Juden, der von einem Ufer auf das andere starrte.“ Auf die Villa, wo 1942 der Holocaust organisiert wurde. Dieses Bild habe ihn sehr beeindruckt.

Die Jüdische Gemeinde ist
die drittgrößte in Deutschland

Szentei-Heise hat in den vergangenen Jahrzehnten aus einer kleinen Gemeinschaft eine Jüdische Gemeinde mit 7000 Mitgliedern gemacht, die drittgrößte in Deutschland. Die wird inzwischen als integraler Bestandteil der Stadtgesellschaft wahrgenommen, zumal Szenztei-Heise die Gemeinde auch geöffnet hat. Bis in den Karneval, wo er zu den Initiatoren des Toleranzwagens gehörte, auf dem Vertreter verschiedener Religionen am Rosenmontagszug teilnahmen. Auch die Gründung des ersten Jüdischen Gymnasiums in Düsseldorf gehört zu den großen Erfolgen des scheidenden Verwaltungsdirektors.

 Immer wieder hatte der Verwaltungsdirektor auch seine Stimme erhoben und vor dem wachsenden Antisemitismus gewarnt. Wie er erklärte, sei es in Düsseldorf im vergangenen Jahr zu 17 antisemitischen Vorfällen gekommen. Das sei dreimal so viel wie im Jahr davor. Noch mehr Sorge mache ihm allerdings der Antisemitismus in den sozialen Netzwerken: „Der kennt keine Grenzen.“

Den Winter wird Szentei-Heise
in Andalusien verbringen

Aus dem Leben der Jüdischen Gemeinde wird der 65-Jährige sich in Zukunft nicht ganz zurück ziehen. Vor allem als „Außenminister“ wird er weiter aktiv sein, weil das von der Gemeinde so gewünscht wurde. In den Wintermonaten wird man aber wohl auf seine Dienste weitgehend verzichten müssen. 65 Kilometer nördlich von Malaga hat er eine Wohnung angemietet. Schon seit vier Jahren hat er den Jahreswechsel regelmäßig in Andalusien verbracht: „Da erlebe ich den 1. Januar bei einem Glas Rosé auf dem Balkon. Bei 21 Grad.“ Auch eine Perspektive.