Grüne und FDP prägend: Das „Rot“ in der Ampel bleibt blass
Grüne und FDP prägen die Politik im neuen Bündnis mehr als die große SPD.
Düsseldorf. Andreas Hartnigk sieht die politische Gemengelage im Rathaus so: „Es regiert eine Ampel, aber ohne Rot.“ Nun ist der stellvertretende Fraktionschef der CDU durchaus jemand, der im Umgang mit dem politischen Gegner zur klaren, auch provokativen Ansage neigt. Mit der Meinung, die SPD habe als rechnerisch klar stärkster Teil des Dreierbündnisses mit Grünen und FDP in Wahrheit nicht viel zu melden, steht er indes nicht allein.
In der Tat finden sich Grün und Gelb offenkundig besser in der neuen politischen Statik des Rathauses zurecht. Es gibt kaum ein Thema seit der Wahl im Mai, das die Sozialdemokraten sichtbar besetzen, geschweige denn dominieren. Fast immer sind es Grüne oder Liberale, die die Punkte machen, auch wenn sie im Ergebnis bei der Ampel als Mannschaft verbucht werden.
Woran das liegt? Gewiss an den handelnden Personen. Die Grünen haben vor allem mit Norbert Czerwinski und (bislang) mit Miriam Koch clevere Themensetzer und -duchzieher, hinzu kommen ihre starken „Oldies“ Wolfgang Scheffler und Günter Karen-Jungen, deren Wort viel zählt im Rathaus, nicht nur in ihren Spezialgebieten wie Schule oder Sport.
Und die FDP hat zwar nur noch sechs Leute in der Fraktion, dieses halbe Dutzend unter Führung der forschen Marie-Agnes Strack-Zimmermann jedoch macht viel her. Allen voran Fraktionsvize Manfred Neuenhaus, der seine Vordenkerrolle auf einer ganzen Reihe von Themenfeldern aus 15 Jahren Regierungszeit mit der CDU erstaunlich problemlos in die Ampel verlängert hat. Gemeinsam ist Grün und Gelb das, was Rot offenkundig (noch) abgeht: Ein klarer Plan mit klaren Zielen, wo es hingehen soll mit der Stadt, sei es bei den Finanzen, in der Verkehrs- und Schulpolitik oder im Kulturbereich.
Von der SPD hört man da merkwürdig wenig. Fraktionschef Markus Raub verstand sich noch nie als großer Vorangeher, vor allem jedoch fehlen der 24er-Riege mittlerweile zum Teil die Experten — namentlich auf den Gebieten Wirtschaft, Finanzen und Schule. Dann wieder werden Protagonisten durch neue Funktionen gebremst, so etwa Sozialexpertin Klaudia Zepuntke durch das zeitraubende Bürgermeisteramt. Wenigstens haben sich Befürchtungen, dass die Geschäftsführung durch den Weggang des versierten Jochen Wirtz ins OB-Büro Qualität einbüßt, nicht bewahrheitet: Nachfolger Frank Ulrich Wessel hat sich rasch einen guten Ruf erarbeitet.
Fairerweise darf man nicht unterschlagen, dass zwei strukturelle Wenden die Rathaus-SPD in ihrem politischen Aktionsradius naturgemäß einengen. Zum einen haben es die „Sozen“ jetzt an der Regierungsspitze (nach 15 Jahren Opposition gegen die CDU-Stadtoberhäupter Erwin und Elbers) mit einem der Ihren zu tun, mit OB Thomas Geisel. Der aber beansprucht natürlich auf vielen Gebieten eine Führungsrolle, mit der die Fraktion nicht einfach konkurrieren kann und will.
Und dann ist da die finanzielle Realität, die doch erheblich anders aussieht, als die Sozialdemokraten sie sich vor und nach der Wahl ausgemalt haben. Heißt: Es fehlt derzeit schlicht das Geld, um politische Wünsche durchzubringen.
Die Stadt verliert Steuereinnahmen, zugleich häufen sich kostspielige Pflichtaufgaben: Tausende Flüchtlinge müssen auf die Schnelle vernünftig untergebracht werden, Schulen, Schwimmbäder und Kulturbauten dringend saniert, neue Kitas rasch gebaut werden. Und dann ist da noch die Wiederaufforstung nach „Ela“.
Kein Wunder, wenn angesichts dessen Politik zurückhaltender wird — was ja auch für Initiativen von Hartnigk und der CDU-Fraktion gilt.