Islamismus als Popkultur spielt eine Rolle
Paul Jumin Hoffmann spielt in der Uraufführung von „Paradies“ einen jungen Islamisten.
Zur Spielzeiteröffnung zeigt das Junge Schauspiel mit „Paradies“ eine Uraufführung zu einem Thema, das brisant wie aktuell ist. In dem Stück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz („Willkommen“, „Frau Müller muss weg“) geht es um den 19-jährigen Hamid, der sich einer islamistisch-radikalen Bewegung anschließt. Die Hauptfigur wird von Paul Jumin Hoffmann verkörpert. Der 31-Jährige gehört zum achtköpfigen Ensemble an der Münsterstraße. Der gebürtige Berliner spricht über seine Rolle und sein erstes Jahr in Düsseldorf.
Herr Hoffmann, wie würden Sie Hamid beschreiben?
Paul Jumin Hoffmann: Hamid ist eigentlich eine freundliche Seele, die nach einer Aufgabe im Leben und nach Anerkennung sucht. Dadurch gerät er mit den falschen Leuten in Kontakt, schließt sich einer salafistischen Gruppierung an und radikalisiert sich.
Wie schafft man es, sich in so jemanden reinzuversetzen?
Hoffmann: Das ist schon extrem schwer, sich in jemanden reinzudenken, der so weit geht. Der sogar bereit ist, einen Mord zu begehen. Ich habe mal einen Nazi gespielt, das fiel mir leichter. Weil man dort nicht Gefahr läuft, das man die Taten mit Religion und Glauben vermischt. Ich glaube, bei Rollen wie Hamid muss man zunächst bei seinen Emotionen und seiner Sinnsuche ansetzen, um sein Handeln ein Stück weit nachvollziehen zu können. Hamid ist eigentlich kein Mörder. Aber er will Konsequenz in seinem Leben.
Im Begleitheft zur Inszenierung heißt es, der Islamismus weise alle Merkmale einer Jugendbewegung auf. Wird dieser Ansatz auch im Stück widergespiegelt?
Hoffmann: Islamismus als Popkultur spielt da auf jeden Fall eine große Rolle. Die Krieger sind wie Helden, wie Popstars angezogen. Man darf aber nicht vergessen, dass es auch früher schon dieses Phänomen gab. Auch für die RAF sympathisierten in den 70ern Leute aus dem normalen Volk und junge Menschen. Für Jugendliche spielt Zusammenhalt eine große Rolle. Und das Abheben vom Rest, das Besonderssein. Sowas leben diese Gruppierungen vor, das macht sie für manche reizvoll.
Wie gelingt es, als 31-Jähriger einen zwölf Jahre jüngeren Charakter zu verkörpern?
Hoffmann: Man denkt bei der Vorbereitung natürlich viel an seine eigene Jugend zurück. An die Konflikte, die man zu der Zeit ausgefochten hat. Speziell bei der Rolle von Hamid habe ich an jemandem aus meinem Freundeskreis gedacht. Der wusste auch nicht so richtig, was er mit sich anfangen soll, und ist dann kleinkriminell geworden. Bei ihm war es dann aber so, dass er an die richtigen Leute geriet und zu einem friedlichen Glauben gefunden hat.
Was hat Sie persönlich denn mit 19 bewegt?
Hoffmann: Zu der Zeit habe ich mich auf die Suche nach meinen eigenen Wurzeln begeben. Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen, aber meine Mutter kommt aus Südkorea. Ich bin damals viel nach Korea gereist und habe gemerkt, dass ich doch sehr viel mehr deutsch als koreanisch bin (lacht).
Vor einem Jahr hat Sie Stefan Fischer-Fels (Leiter Junges Schauspiel) vom Berliner Grips-Theater mit nach Düsseldorf genommen. Fiel Ihnen der Abschied aus der Heimat schwer?
Hoffmann: Der Entschluss war schon schwierig. Ich war vier Jahre am Grips und hatte dort eine tolle, intensive Zeit. Die Arbeit mit Stefan in einer anderen Stadt und mit neuen Möglichkeiten fortzusetzen, hat mich aber sehr gereizt. Und zum Glück konnte ich auch meine Freundin von einem Umzug überzeugen.
Wie fällt Ihre persönliche Bilanz nach einem Jahr Düsseldorf aus?
Hoffmann: Sehr positiv. Was ich bisher hier machen durfte, war sehr spannend und aus künstlerischer Sicht auch vielseitiger als in Berlin. Mit meiner Freundin habe ich beispielsweise einen Spielklub an der Bürgerbühne leiten dürfen. Dadurch kam ich mit vielen Düsseldorfern in Kontakt. Das hat mir ungemein geholfen, mich hier schnell einzuleben. Da mein Großvater und mein Großonkel in Düsseldorf gelebt haben, war mir die Mentalität hier aber auch nicht ganz fremd.
Was gefällt Ihnen am Kinder- und Jugendtheater besonders?
Hoffmann: Wir haben ein dankbares, aber auch hartes Publikum. Wenn etwas nicht interessant ist, lassen die Kinder und Jugendlichen es dich sofort spüren. Dann musst du reagieren und handeln. Aber wegen des direkten Kontakts mit dem Publikum mache ich generell viel lieber Theater als Film. Und ich genieße diesen regen Austausch hier zwischen den Theaterleuten und den Besuchern.