Ist die Kampagne für Kirchenaustritte angemessen?
<h2>Pro: Ja, sie ist zwar eine Provokation, aber solch kalkulierte Frechheiten gehören zum Geschäft.Gewiss, es ist eine Provokation, ausgerechnet Gründonnerstag zum kollektiven Kirchenaustritt zu bitten.
Es ist sicherlich auch keine intellektuelle Glanzleistung, Ostern als „Hasenfest“ zu bezeichnen — aber gleichzeitig zu erwarten, für voll genommen zu werden. Dennoch geht die Aktion der Religionskritiker in Ordnung, sie ist ja nicht mehr als eine Meinungsäußerung.
Diese muss zwar niemand gut finden, sie als solche akzeptieren, gehört indes zu den demokratischen Spielregeln. Zumal es ja nicht darum geht, jemanden von seinem Glauben abzubringen.
Menschen, die am Gründonnerstag mit amtsgerichtlichem Segen und einem Einzahlungsbeleg über 30 Euro ihre Kirche verlassen, haben sich dazu wohl kaum spontan entschlossen. Wer sich an der bloßen Provokation der Aufklärungsaktivisten stört, kann sich schon mal auf die kommenden Wochen freuen — die im Zeichen des Wahlkampfs stehen werden.
Die Slogans und Plakate der Parteien dürften auch nicht ohne kalkulierte Frechheiten auskommen.
Dass Unverschämtheiten heutzutage eine gängige Währung auf dem Aufmerksamkeitsmarkt sind, ist unbestritten. Das macht sie freilich nicht besser. Und Christen am Beginn des Osterfestes zum Austritt aus der Kirche aufzurufen, ist dummdreist. Wie kommt man überhaupt dazu, Menschen zum Verlassen von Organisationen oder Gemeinschaften aufzurufen, so die nicht erkennbar verbrecherisch oder staatsgefährdend sind?
Selbst der ADAC, mittlerweile eine Institution mit kuriosen Zügen, würde es sich zu recht verbitten, wenn seine Mitglieder per Kampagne zum Weggang animiert würden. Das Problem mit manchen Atheisten-Aktivisten ist ja, dass sie sich bemühen, möglichst liberal-tolerant (und natürlich hochintellektuell) rüberzukommen.
Um dann aber regelmäßig in eine verschwitzt-verbissene, neunmalkluge Anti-Kirchen-Attitüde abzugleiten. Da ist missionarischer Eifer am Werk, den kein Mensch braucht. Und den die Kirchen in Deutschland längst abgelegt haben.