Jecke Partys in den Stadtteilen

In den Stadtteilen ist Familienfreundlichkeit Trumpf, und so wird im Norden, Osten, Süden und Westen gefeiert.

Düsseldorf. Nicht nur auf der Kö und in der Altstadt ging es am Wochenende rund, auch in den Stadtteilen strömten Tausende von Jecke zu insgesamt neun Veedelszügen.

Dass in Itter ein Veedelszoch zieht, hat sich sogar in fernen Galaxien herumgesprochen. Und so landet am Samstag ein Raumschiff auf Itters Dorfstraßen. Ganz in Silber, mit grünen Marsmännchen als Bewohnern und solchen, die aussehen, als wären sie in zerknüllte Alufolie gehüllt. Sie stammen aus der Galaxis Holthausi und wollen in Itter Karneval feiern.

Sehr bunt geht es dort zu, getreu dem diesjährigen Motto „Ein Traum von tausend Farben“. Der Pfarrkreis wandelt in BuntstiftKostümen durch die Straßen, die Messdiener als Legosteine und die Jägerkompanie in bemalten Kitteln. Auch Itters Wahrzeichen wie Kirche und Heiligenhäuschen ziehen mit — liebevoll und detailgetreu von den Grenadieren auf ihren Wagen gemalt. Allen voran fährt seit mehr als 15 Jahren „Spitzenclown“ Harry und verteilt wie „Pfarrer“ Bernd Bolten Kamelle. Die bunt kostümierte Masse am Wegesrand, in der Mehrzahl Familien mit Kindern jeden Alters, freut es.

Szenenwechsel: Während es in Itter eher beschaulich zugeht, verwandelt sich die Paulsmühlenstraße zu einer Partymeile. Bunt kostümierte Massen stehen in Gruppen am Straßenrand, fast jede hat ihren eigenen Bollerwagen mit Verpflegung und Musikanlage dabei. Und so schallt dem Flaneur alle 50 Meter ein anderes Karnevalslied entgegen. Denn der Paulsmühler Zug hat eine Besonderheit: Er startet an der Paulsmühlenstraße und endet auch dort. Und so gilt es die gute Stunde zwischen beiden Durchgängen mit Tanzen, Singen (und auch Trinken) zu nutzen.

Dann endlich heißt es: „Dä Zoch kütt“. Klein ist er diesmal. Kindergarten und Grundschule Einsiedelstraße sind dabei, der Lauftreff als eine Schar Fenstergucker und wie seit Jahrzehnten die Lindenstraße, die Benrather Fangemeinde der gleichnamigen Fernsehserie. Zum ersten Mal dagegen marschiert eine in allen Regenbogenfarben geschminkte Truppe mit. Die „Spaßköpp“ nennen sie sich. Familien aus Hassels, Benrath und Urdenbach haben sich zusammengetan, um gemeinsam zu feiern.

In Lohausen kommt man am Thema Flughafen nicht vorbei. Auch nicht im Karneval. „Wir lehnen unser Motto immer an das Fliegen an“, sagt Andreas Auer, Sprecher der Närrischen Lohauser. Diesmal heißt es: „Jetz fleeje mer durch de Ziet“. So haben die Anwohner der „Bausenheide“ die Geschichte ihrer Straße thematisiert, angefangen beim Kreuz(um)zug 1981 bis zum Kreisverkehr 2011. Die Närrischen Lohauser selbst verwandeln sich in „Barney Geröllheimer“ und die Luis-Trenker-Kompanie schaut in die Zukunft: „2020 wird dann auch der Flughafen in Berlin fertig“.

Zum ersten Mal dabei sind die Mitarbeiter der Pension „Der arme Mann“ — verkleidet als Frau Antje. Überhaupt wächst der jüngste Veedelszoch von Düsseldorf von Jahr zu Jahr. 2009 hat alles mit einem Wagen angefangen, dieses Mal sind es neun Wagen und zehn Fußgruppen.

War das Wetter am Samstag noch gemischt, so hält es gestern bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein keinen Narren mehr in der Wohnung. Schon am Vormittag strömen 50 000 Jecke zum größten Veedelszoch Düsseldorfs, dem in Gerresheim. 40 Gruppen sind dabei, da lacht auch Venetia Ursula das Herz. Sie ist geborene Gerresheimerin und hat ihren Prinzen gleich mitgebracht. Auch Karl Krausen von der Saubande Gerresheim, die den Zug organisiert, strahlt. Und zwar nicht nur wegen des Wetters: „Zum ersten Mal ist das Düsseldorfer Prinzenpaar komplett bei unserem Zug dabei“, freut er sich.

Wie immer ist der Zug bunt und fantasievoll: Die Gerresheimer Mädchen haben sich bereits auf den Frühling vorbereitet und als wandelnde Blumenwiesen verkleidet, die Handballer der HSG tragen kunterbunte Sommerfarben und der ein oder andere Clown erweitert sein Outfit durch eine Sonnenbrille. Außerdem wandern die „Funken Füttchen“ als Kröten durch die Straßen und die Sänger vom Männerchor grüßen als Japaner den Fernen Osten.

Dick eingemummelt bestaunt der zweijährige Jonas in seinem knallroten Feuerwehrauto den Mörsenbroicher Veedelszoch. Vater Thomas Heinze hat aus Jonas Kinderwagen mit Sperrholz, Blaulichtern und einem Mini-Megafon einen Feuerwehrwagen gebaut. „Ich mache jedes Jahr eine neue Verkleidung, das soll etwas Besonderes für den kleinen Mann sein.“ Etwas Besonderes ist Jonas so auch für die Zugteilnehmer, der knallrote Feuerwehrkinderwagen kommt so gut an, dass Jonas sich vor Popcorn, Bällen und Bonbons kaum retten kann. Aber auch die vielen anderen Kinder, die sich an der Straße drängen, kommen nicht zu kurz. Große Wagen gibt es hier zwar nicht, die Teilnehmergruppen punkten dafür aber mit kreativen Kostümen und guter Laune. Familiär geht es auf dem Mörsenbroicher Veedelszoch zu, Familie Heinze macht es vor: „Wir schauen uns den Zug jedes Jahr mit meinen Schwiegereltern an, die wohnen hier im Viertel, das hat bei uns Tradition“, sagt Heinze.

Mitten auf dem närrischen Niederkasseler Parcours feiert Prinz Carsten gestern Mittag seinen drei mal elfjährigen Geburtstag mit großem Hallo. Doch dann tauscht er die hochherrschaftlichen Schuhe gegen die schweren, hölzernen „Klompen“ und schnappt sich das Jauchefass, um beim traditionellen Tonnenrennen gegen Tonnenbauern Karl-Hans Danzeglocke anzutreten. Es endet wie stets im Karneval mit einem Patt, denn beim Wettlauf knallen die Tonnen gegeneinander. Noch lustiger ist der Auftritt von Venetia Ursula. Sie taucht im langen roten Tüllgewand auf und bringt einen Schleppenträger mit, der ihren Rock so weit hebt, dass all die weißen Unterröcke zum Vorschein kommen. Auch hier reicht es nur für ein Unentschieden im Kampf gegen Tonnenbäuerin Anja Schnigge-Gollak.

Der Veedelszoch der Tonnengarde lebt jedoch nicht nur von Holzpantoffeln und Jauchefässern, sondern auch von der japanischen Kolonie. Sie stellt mit 129 Teilnehmern die stärkste Gruppe.

Einen Abschied und ein Willkommen gibt es beim Veedelszoch durch Reisholz und Hassels. Denn zum letzten Mal zieht die Gynastikgruppe des SFD mit. Die Damen haben zum Abschied noch einmal sämtliche Kostüme ausgegraben, in denen sie in den letzten 33 Jahren aufgetreten sind. Und so trifft sich Schweinchen mit Micky Maus oder den Sarotti-Mohren.

Zum ersten Mal dabei sind dagegen die „Waldkobolde“ der Kita St. Antonius. 30 Kinder und 30 Eltern bilden eine nicht zu übersehende grüne Truppe. Überhaupt ist der diesjährige Zug der Quatschköpp, der sich von Hassels bis nach Reisholz windet, einer der größten der Vereinsgeschichte: 29 Gruppen marschieren mit und sechs Musikzüge, darunter auch die Gugge-Musiker aus der Schweiz. Blickfänge sind auch Quatschkopp Jürgen IV. und sein zipfelbemützter „Zwergenstaat“ sowie die „Feuchtfröhlichen Jungfrauen“ als KosakenKompanie.

Unter dem Motto „3 x 11 dabei“ ziehen im Jubiläumsjahr die Karnevalsfans des Veedelszoch Eller durch ihren Stadtteil. Zum Auftakt gibt es ein Biwak auf dem Gertrudisplatz. Und dort warten dann unter blauem Himmel und bei strahlendem Sonnenschein die kleinen Löwen, Piraten und Feuerwehrmänner auf den Zoch, der sich von der Schlesischen Straße aus durch Lierenfeld und Eller bis über den Gertrudisplatz schlängelt.

Vor allem die Fußgruppen der Indianer und der Elleraner Hunnen fallen mit ihren ausgefallenen Kostümen auf. Auch die extra gegründete und aus DEG-Fans bestehende „KG Turnbull 71“ sorgt bei den Jecken für gute Laune. Den Kleinen dagegen gefallen die Kamelle am besten — auch wenn sie zum Teil aus Papiertaschentücher-Packungen oder in Gefrierbeutel verpackten Gewürzgurken bestehen.

„Der Umzug in Eller ist deswegen so schön, weil er so familiär ist und man problemlos mit kleinen Kindern hingehen kann“, sagt Janne Hoffmann im Eisprinzessinenkostüm, die mit ihrem Sohn, Marienkäfer Lukas, an der Gumbertstraße steht.