Judoka sind ernste Sportler — sogar wenn sie sich wegschmeißen
Im Dome steigt erstmals der Judo-Grand-Slam, mit Sportlern und Fans aus der ganzen Welt, die sie anfeuern. Und manchmal auch Humor beweisen.
Wo sonst angefeuert, gejubelt und sich geärgert wird, ist es heute ruhig. Da werden Arme vor der Brust verschränkt, ernste Gesichter gemacht, nervös auf Fingernägeln gekaut. Judo ist ein ernster Sport — so scheint es am ersten Tag des Judo Grand Slam, der in diesem Jahr zum ersten Mal im Rather Dome stattfindet.
Die besten Judoka treffen sich hier, um auf der Matte ihr Können zu beweisen. Gestern sind die Zuschauer-Ränge aber noch nicht besonders voll. Es scheint, als habe jeder, der da unten auf der Matte steht, seinen persönlichen Fanclub von fünf bis zehn Personen dabei.
Die Sportler kommen von überall aus der Welt. Das zeigt sich auch im Publikum. In die konzentrierte Stille der Kämpfe hinein tönen immer wieder von einzelnen Seiten in den Zuschauerreihen die Anfeuerungen. „Allez, Sara, Allez!“, ruft ein Mann, „Tire! Tire“, also: Zieh, zieh - und einige andere französische Anweisungen, die es wohl nur mit Glück von der Tribüne bis zur Matte schaffen. Nach dem vierminütigen Kampf lehnt er sich wieder zurück. Ob seine „Sara“ gewonnen hat oder nicht, ist ihm nicht anzumerken.
Lauter Gong, nächster Kampf. Die „Dawai, dawai“, Los, Los!-Rufe aus einer anderen Ecke der Halle lassen auf eine russische Kämpferin schließen. Ansonsten bleibt es ruhig und ernst. So wie die Gesichter der Schiedsrichter. Formal im Anzug gekleidet, stehen sie ganz still neben zwei Sportlern, die sich auf dem Boden wälzen, vielleicht gehen sie noch etwas näher hin, um genauer sehen zu können, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Die Ruhe, so scheint es, gehört hier dazu. Denn beim Judo geht es nicht nur um Kraft und körperliche Stärke. Hier muss auch taktiert werden. Wo muss ich mein Gegenüber packen, damit ich ihn zu Boden werfen kann? Wie wird er wohl mich zu werfen versuchen? Und wie kann ich das verhindern? Anspannung und Konzentration sind greifbar.
Wem es zu viel wird, der verlässt die Ränge für einen Moment. Im Vorraum der Halle riecht es nach süßem Popcorn. An Ständen werden Information, Ausrüstung und anderer Merchandise angeboten. Ein paar Jugendliche üben mit zwei Profis erste Judogriffe und haben sichtlich Spaß am sich Herumwerfen. Auf einem T-Shirt an einem der Verkaufsstände steht „You can throw a ball easily — but try throwing something that is trying to throw you“ (Einen Ball zu werfen ist einfach, doch versuch mal etwas zu werfen, das versucht, dich zu werfen) und man ahnt: Vielleicht sind die Judoka und ihre Zuschauer doch nicht so ernst, sondern haben sogar etwas Humor.