Köln contra Düsseldorf: Rivalität jenseits der schnellen Pointen
Ein Buch erklärt die Geschichte der Städte-Konkurrenz seit der Worringer Schlacht 1288.
Düsseldorf/Köln. „Wir teilen unsere Währung mit einem Volk, das nur Korruption, Schulden und Vetternwirtschaft kennt. Aber man kann den Kölnern ja den Euro nicht wegnehmen ...“
Es gibt wohl schon tausende Köln-Düsseldorf-Witze. Diese Spitze aus dem neuen Kommödchen-Programm (weiterverbreitet auf der Facebook-Seite „Düsseldorf statt Köln“) gehört da zu den besseren — weil die Pointe kein plumper Kalauer ist, sondern auch ein Körnchen Wahrheit enthält. Welches, das erklärte der Historiker Horst A. Wessel am Dienstag so: „Die Düsseldorfer waren immer darauf bedacht, mit dem auszukommen, was man hatte. Auch heute hat die Stadt einen recht soliden Haushalt.“ Die Kölner hingegen hätten stets mehr auf Pump gelebt.
Wessel, gebürtiger Bonner und bis 2008 Leiter des Mannesmann-Archivs, ist einer von 14 Autoren aus Köln und Düsseldorf, die Beiträge für ein Buch geschrieben haben, das jetzt im Kölner Greven Verlag erschienen ist: „Köln Düsseldorf“.
Darin geht es um die historischen Ursprünge der Städte-Rivalität. Und zwar völlig ernsthaft: „Das Buch verzichtet auf den flüchtigen Humor, der nicht weiterhilft“, erklärt Verlags-Geschäftsführer Damian van Melis. Ideengeberin und Herausgeberin ist Annette Fimpeler, Leiterin des Schifffahrtsmuseums im Schloss-turm. „Seit ich hier vor mehr als 20 Jahren angefangen habe, drängt mich die Frage, woher die Rivalität kommt. Ich komme von auswärts und habe lange nicht verstanden, was da passiert.“
Wer die 300 Seiten mit vielen Bildern gelesen hat, kennt die Antwort. Zuerst wird da mit der alten Mär aufgeräumt, die Schlacht von Worringen im Jahr 1288 begründe den Ursprung der Rivalität. Tatsächlich kämpften Düsseldorfer und Kölner Bürger gemeinsam gegen den Kölner Erzbischof. „Wären die gegeneinander angetreten, wäre es auch ein sehr ungleicher Kampf gewesen: ein kleines Fischerdorf gegen eine Weltstadt“, sagt Autor Christian Hillen schmunzelnd.
„Eine Rivalität kann es nur geben, wenn sich zwei auf Augenhöhe begegnen. Davon konnte aber bis ins 19. Jahrhundert keine Rede sein“, ergänzt Fimpeler. Hier die kleine, aber feine Residenzstadt — dort die alte, traditionelle Handelsstadt, die ihre Pfründe wahren will. Doch vor 200 Jahren startete Düsseldorf eine bemerkenswerte Aufholjagd. Begünstigt von zwei Faktoren: Die Schleifung der Festungsanlagen auf Geheiß von Napoleon bescherte der Stadt nicht nur viele Grünanlagen (Hofgarten, Kö, Schwanenspiegel, Spee’scher Graben), sondern auch Platz für Wachstum von Industrie und Gewerbe. „Köln blieb jedoch zu seinem großen Leidwesen als Festung in seine engen Mauern eingepfercht“, erklärt Wessel. Dazu verlor Köln 1831 auch noch das Stapelrecht — und damit eine wichtige Einnahmequelle. Von der Festung befreit, durch die Nähe zum Ruhrgebiet begünstigt, wuchs Düsseldorf heran — letztlich bis auf Kölner Augenhöhe. Auch wenn der Konkurrent in Sachen Einwohnerzahl immer vorne blieb. „Die haben womöglich eine bessere Eingemeindungspolitik betrieben“, sagt Wessel augenzwinkernd.
Was dann passierte, war nach Meinung von van Melis fast folgerichtig: „Eine Rivalität ist das Normalste, was es gibt, wenn zwei Großstädte so nah beieinander liegen.“ Man verglich sich, staunte über die unterschiedlichen Traditionen. So waren etwa die Düsseldorfer immer etwas feiner und modebewusster. Fimpeler: „Wenn der Hof sonntags vom Schloss zur Andreaskirche ging, konnten alle Düsseldorfer sehen, was an europäischer Mode angesagt war. Während es in Köln vielleicht nicht ganz so wichtig war, welche Kleidung man trug.“
Düsseldorf sei der „kleine Bruder“, Köln die „große Schwester“ meint Edmund Spohr, Baas der Aktionsgemeinschaft Düsseldorfer Heimat- und Bürgervereine (AGD), der auch einen Beitrag verfasst hat. Für Van Melis ist wichtig, dass die ständigen Reibereien, auch auf wirtschaftlichem Gebiet (Konkurrenz der Messen, Flughäfen, Sparkassen etc), letztlich positiv für beide ist: „In Zeiten der Globalisierung müssen die Städte zwar zusammenrücken, sie sollten die Konkurrenz aber beibehalten“, denn: „Der wirtschaftliche Wohlstand und der kulturelle Reichtum gründet sich letztlich auch auf diese Rivalität — das gegenseitige Vergleichen und Bessersein-Wollen.“