Geschichte in Düsseldorf Gerresheimer Kolpingsfamilie feiert 100-jähriges Bestehen
Düsseldorf · Die Kolpingsfamilie Gerresheim feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt am 19. März in St. Margareta.
Es gibt ja manchmal solche vermeintlichen Geheimbünde, da weiß der Laie nicht so recht etwas mit anzufangen, vermutet dahinter womöglich sogar eine obskure Sekte. Die Kolpingsfamilie ist auch so ein Zusammenschluss von Menschen, bei denen viele rätseln, was die denn wohl machen. Nun, zunächst einmal will die Kolpingsfamilie einfach nur eine Gemeinschaft sein, in der Menschen aus allen Berufen und Generationen gleichberechtigt und im Optimalfall familiär miteinander umgehen. Es sind mündige Christen, die viel unterwegs sind, reisen, die jedoch vor allem etwas bewegen wollen, in der Kirche und in der Gesellschaft.
Auch Gerresheim hat eine solche Kolpingsfamilie, und das schon seit 100 Jahren. Das eigentliche Kolpingwerk als katholischer Sozialverband ist in mehr als 60 Ländern der Erde vertreten und hat rund 400 000 Mitglieder, die wiederum in fast 9000 Kolpingsfamilien weltweit organisiert sind. Und jede dieser Familien formuliert im Sinne des Begründers ihren eigenen Schwerpunkt, den Maria-Elisabeth Handwerk als Vorsitzende der Kolpingsfamilie St. Margareta wie folgt umschreibt: „Wir haben die Ideen Adolph Kolpings bei uns lebendig werden lassen, der uns aufgerufen hat, das Herz zu öffnen für die Nöte unserer Zeit, die Menschen in den Blick zu nehmen, die heute unsere besondere Zuwendung brauchen.“ Das kann auch Monsignore Oliver Boss als Pastor der Gemeinde St. Margareta nur unterstreichen: „Die Frauen und Männer der Kolpingsfamilie in Gerresheim haben sich über zehn Jahrzehnte engagiert und vor allem den sozialen Aspekt aktiv in das Gemeindeleben hineingetragen.“
Alles begann 1922, als der nach Gerresheim zugezogene Schneidergeselle Bruno Meder hier Arbeit fand und es verstand, bald auch einige junge Leute für das Kolpingprogramm zu begeistern. So gab es auf seine Anregung hin am 23. März 1922 im katholischen Vereinshaus an der Gräulingerstraße 16 in Gerresheim eine Aussprache über die geplante Gründung. Letztlich entschieden sich 27 der 35 Anwesenden in einer Abstimmung für den Gesellenverein. Bei der Gründungsversammlung vier Tage später wurde unter anderem beschlossen, jeden Montagabend eine Versammlung abzuhalten – einem Grundsatz, dem die Vereinsmitglieder bis heute treu geblieben sind. Der Schlosser Johann Sökefeld wurde im Juni erster „Senior“ des Vereins.
Der Wunsch nach einer eigenen Fahne erfüllte sich in Zeiten von Inflation und französischer Besatzung lange nicht, das wenige Geld, das in die Vereinskasse floss, wurde etwa in die Anschaffung von Liederbüchern investiert. Die Weihe der ersten eigenen Fahne konnte nach großen Widrigkeiten am Pfingstsonntag 1923 anlässlich des internationalen Gesellentages in Gerresheim nachgeholt werden. Da die französische Besatzungsmacht Grenz- und Ausgangssperren verhängt hatte, kamen statt der erwarteten 10 000 Teilnehmer aus aller Welt zwar nur Abordnungen aus 23 Vereinen aus der näheren Umgebung, aber immerhin: Der Gerresheimer Gruppierung hatte fortan ihren Platz im Kreise der Kolpingsfamilien.
Das ist nur eine Episode aus 100 Jahren, die Gemeinschaft überstand trotz Anfeindungen auch die NS-Zeit, die so wertvolle Fahne wurde bei einer Tagung in den Unterkleidern einer Frau vor dem Zugriff der NS-Schergen versteckt, die ihren Mann zum Gesellentag begleitet hatte. 1956 konnte an der Speestraße 16 das neue Kolpingheim eingeweiht werden, wo der Verein bis 1992 seine Bleibe hatte, heute ist es das Stiftsgebäude neben der Basilika. Im Mai 1976 wurden zum ersten Mal auch Frauen in die Kolpingsfamilie aufgenommen. Und seit 2015 ist mit Maria-Elisabeth Handwerk auch erstmals eine Frau Vorsitzende der Gerresheimer Kolpingsfamilie.