Kommissar kommt ins Wohnzimmer

Betrugsmasche mit falsche Polizisten ist regelrecht explodiert. Schäden sind riesig.

Foto: Dieter Sieckmeyer

Die Zahlen sind absolut beunruhigend: Allein in Düsseldorf haben in den ersten sechs Monaten in 195 Fällen falsche Polizisten versucht, Senioren um ihr Vermögen zu bringen. Landesweit ist die perfide Betrugsmasche um 1400 Prozent auf mehr als 1160 Fälle regelrecht explodiert. Und das seit 2015, als die Ermittler erstmals mit dieser neuen Form des Trickdiebstahls konfrontiert wurden. Die Düsseldorfer Polizei geht nun neue Wege. Kriminalhauptkommissar Lutz Türk besucht nicht nur Altenclubs, um Senioren vor den raffinierten Gaunern zu warnen. Der Beamte kommt jetzt auch ins Wohnzimmer: „Es gibt immer noch einen großen Personenkreis, den wir nicht erreichen.“

Die „falschen Polizisten“ haben den Enkeltrick zahlenmäßig längst überflügelt: „Die Dimension wurde unterschätzt.“ Es stecken offenbar auch andere Tätergruppen dahinter. Kamen die Enkeltrick-Banden vor allem aus Osteuropa, so lassen sich die Anrufe der falschen Polizisten bis in türkische Call-Center nachverfolgen. Dort enden die meisten Ermittlungen.

Warum die neue Masche so gefährlich ist? Türk: „Der Schaden ist deutlich höher als beim Enkeltrick. Da geht es meist um ein paar tausend Euro.“ Das ist völlig anders, wenn die falschen Polizisten versprechen, das Vermögen vor Einbrecherbanden zu sichern. „Die Rekord-Beute gab es mit 1,2 Millionen in München“, weiß der Kriminalhauptkommissar, „das waren 700 000 Euro Bargeld und andere Wertgegenstände.“ Auch in Düsseldorf haben die Gauner, die teilweise sogar Uniformen tragen, enormen Schaden angerichtet.

Vertrauen gewinnen die Betrüger, weil im Display die Nummer „110“ erscheint, manchmal auch die echte Nummer von Polizeipräsidium oder Staatsanwaltschaft. Türk: „Wichtig ist, dass die Polizei niemals mit der ’110’ anruft. Außerdem mache ich den Senioren klar, dass sie niemals fremden Leuten Wertsachen an der Tür übergeben sollen.“

Für den Hauptkommissar geht es darum, auch die Rentner zu erreichen, die nicht in Seniorenclubs, Altentagestätten oder Sportvereinen organisiert sind. Daraus ist das Konzept „Die Kripo kommt ins Wohnzimmer“ entstanden. Einzige Bedingung: Es sollten mindestens fünf Personen auf den Beamten warten. Nach oben gibt es keine Grenze.

Auch wenn Türk momentan das Problem der falschen Kollegen besonders am Herzen liegt, er informiert auch gern über viele andere Themen in Sachen Vorbeugung. Auch, wie man sein Zuhause besser sichern kann, zum Beispiel durch ein besseres Schloss an de Haustür: „Das muss aber mit dem Vermieter abgesprochen sein. Es gab schon Fälle, in denen der Hausmeister nicht einverstanden war, wenn Löcher in die Tür gebohrt wurden.“

Ein anderes wichtiges Thema ist die Straßenkriminalität. In etwa 35 Fällen wurden Rentner im vergangenen Jahr Opfer von Räubern, die es im Norden vor allem auf goldene Halsketten abgesehen hatten: „Ich habe viel Kritik einstecken müssen, als ich damals empfohlen habe, dass Schmuck zumindest so lange nicht offen getragen werden soll.“ Selbstverteidigungskurse für Senioren hält er für den falschen Weg: „Da muss man wirklich dauerhaft trainieren und fit sein.“ Auch von Pfefferspray oder anderer Bewaffnung rät der Experte ab: „Sinnvoll ist höchstens ein Taschen-Alarmgerät.“ In jedem Fall ein Tipp für ein praktisches Wehnachtsgeschenk.