Albrecht Mayer: Langer Atem mit großem Klang
Konzertkritik: Wenn Albrecht Mayer Oboe spielt, glaubt man eine menschliche Stimme zu vernehmen.
Düsseldorf. Unter den renommierten Oboisten der Welt gibt es einen, der sein Holzblasinstrument für ein großes Konzertpublikum attraktiv macht: Albrecht Mayer. Bei Streichorchester-Konzerten mit Solo-Oboe sind die Säle normalerweise nicht ganz so stark gefüllt, wie es etwa der Fall ist, wenn große Symphonieorchester mit Stargeigern oder Tastenlöwen auftreten. Doch als die brillanten Festivals Strings Lucerne mit Mayer am Mittwochabend in Düsseldorf gastieren, zeigt sich die Tonhalle bestens besucht.
Mayers enormer Erfolg gründet in einem Oboenspiel von ausdrucksvollster Gesanglichkeit. An zarten langsamen Stellen, wo sich der Klang der Oboe besonders nuancenreich entfalten kann, glaubt man die emotionalen Schwingungen einer menschlichen Stimme zu vernehmen.
Einen extrem langen Atem müsse der Oboist gehabt haben, für den Johann Sebastian Bach die Oboenstimme für den Kantaten-Satz "Jesus bleibet meine Freude" schrieb, sagt Albrecht Mayer, der sich überhaupt öfters moderierend ans Publikum wendet, um auf musikalische Besonderheiten aufmerksam zu machen.
Was Mayer mit dem Hinweis meint, wird gleich in der ersten Melodiephrase deutlich, die sich schier endlos dahinwindet, ohne dass der Spieler Gelegenheit bekommt, zwischendurch Luft zu holen. Allerdings hat die frische Information den Nachteil, dass man sich jetzt kaum auf die Musikschönheit konzentriert, sondern versucht ist, seine Aufmerksamkeit ganz der Lungenleistung des Oboisten zu widmen.
Da von Bach keine originalen Oboenkonzerte erhalten sind (abgesehen von den wohl ursprünglich für Oboe d’amore und Orchester geschriebenen Cembalokonzerten) verlegt sich Mayer auf das Spielen von Transkriptionen, die er zusammen mit dem Komponisten Andreas Tarkmann einrichtete. So erklingen Oboen-Arrangements von Choralvorspielen und Kantaten, die sich nach der Komposition von Bach anhören.
Zum Glück spielt Mayer noch mehrere Zugaben, darunter die Bearbeitung einer der schönsten Barockarien überhaupt, Händels "Lascia ch’io pianga", "Lass mich weinen", die zuletzt durch den Film "Farinelli" einem großen Kino-Publikum bekannt wurde. Der Abend zeichnet sich auch durch das edle Spiel des Luzerner Streichorchesters aus.