Ausstellung: Die Blumenkinder von heute
Der Kunstverein erinnert an die wilden 60er und schlägt einen Bogen zur jungen Kunst.
Düsseldorf. Der Kunstverein hat seinen Sitz seit 1967 im Betonkasten der Kunsthalle am Grabbeplatz und erinnert in der aktuellen Ausstellung "Dance in my Expierence" an die ersten Proteste von Künstlern wie Joseph Beuys, die das Haus am liebsten sofort wieder abgerissen hätten. Was ist aus derlei Demonstrationen, Abriss-Gelüsten und Hausbesetzungen aus den wilden 60ern geworden? Welche Utopien haben die Zeiten überlebt?
Im puristischen Milieu, das die Kunstvereins-Leiterin Vanessa Müller liebt, gibt sich die Generation der heute 30- bis 40-Jährigen eher brav. Wunschbilder und Attacken sind einem genauen Beobachten, einem Zitieren, einem bloßen Spiel gewichen. Alternative Lebensentwürfe sind kaum noch gefragt.
"Capitalism kills love", "Kapitalismus tötet die Liebe", flackert dem Besucher in Neonschrift entgegen. Das Wort "Love" leuchtet allerdings mit Verzögerung auf, die radikale Kapitalismus-Kritik von einst wird zum bloßen Liebesentzug. Es ist, als wolle die Künstlerin Claire Fontaine die kritische Aussage relativieren.
Josephine Meckseper verquickt heutige Friedensdemonstrationen mit historischen Aufnahmen aus der Hippie-Zeit. Der Betrachter weiß nicht genau, ob es sich um Revivals oder aktuelle Aufnahmen handelt. Die Gebärden ähneln sich, der Inhalt auf den Plakaten der Demonstrations-Züge wirkt austauschbar.
Die Kraft, Veränderungen durchzuboxen, hat abgenommen. Die Jugend von heute schlingt sich zwar das Palästinensertuch um den Hals oder trägt Minirock, aber der Protest wird nur noch von Melancholie begleitet.
Beeindruckend ist der schweigende, sehr choreographische Protestmarsch, den Hanna Schwarz vor der Nationalgalerie Berlin gefilmt hat. Die Transparente der Leute sind unleserlich, eine Frau steppt vor einer Glasfassade. Zum Schluss wird das künstlich-kitschige Herz aus der Ausstellung Jeff Koons deutlich.
Unweit vom Video-Beamer liegt eine "Barrikade" aus Stühlen, leise, nichts fordernd, wie abstrakte Kunst. Henning Bohl klebt die Szenen von "Aussteigern" als Papierschnipsel nebeneinander. Tom Burr zitiert Jim Morrisons Auftritt mit den "Doors". Im streng puritanischen Milieu von einst wurden Musiker festgenommen, weil sie unbotmäßig die Hüften geschwungen haben.
Mandalas, einst die Symbole religiöser Meditation vieler Indien-Reisender, sind längst sinnentleert. Sie erinnern an die zeitgleichen Op Art-Muster in Schwarz-Weiß-Streifen. Der inbrünstige Gehalt ist längst bloßen Dekor-Ornamenten gewichen.
Manon de Boer schließlich interviewt eine Protagonistin der Erotikfilmreihe "Emmanuelle" aus den 70ern. Die Porno-Darstellerin berichtet vor der Kulisse Amsterdams von ihren Affären.