Als Zucker und Gräten zur Eat Art wurden
Der Ex-Wirt Carlo Schröter zeigt im Malkasten eine ungewöhnliche Kunstsammlung.
Düsseldorf. Carlo Schröter breitet seine Eat Art-Objekte im Jacobihaus des Malkastens aus. Eat Art, Ess-Kunst, ist die Kunst des Vergänglichen. Sie sollte in der Zeit der 68er-Bewegung die ewigen Werte ersetzen. Die damalige Avantgarde entwarf keine Ölfarb-Bilder, sondern hämmerte Nägel ins Unterhemd, dekorierte "Busenengel" aus Lebkuchen mit Zuckerguss, steckte Eisenstifte in ausgeblasene Eier und ließ sie im Tigel unter Strom rotieren. Oder sie begnügte sich mit Fischgräten im Kästchen. Die Künstler waren keine Geringeren als Arman, Beuys, Lichtenstein, Lindner, Thomkins, Spoerri und Uecker.
Carlo Schröter, 1935 in Bern geboren, kam 1963 der ersten Liebe wegen nach Düsseldorf und heiratete eine Derix-Tochter aus den Kaiserswerther Werkstätten für Glasmalerei. Eines Tages landete er eher zufällig bei dem Schweizer André Thomkins, diesem wunderbaren Poeten unter den Künstlern, der daraufhin 1971 aus Süßholz, Nudeln, Oblate und Kartoffelscheibe einen Spaghettiturm baute. Schließlich kamen auch die Schweizer Paul Gerstner und Daniel Spoerri hinzu.
Schröter wollte ursprünglich eine Käse-Fondue-Stube eröffnen, Daniel Spoerri überredete ihn zu "Spoerris Restaurant", wo es Kamelfleisch aus dem Krefelder Zoo gab, das allerdings so zäh war, dass man es kaum beißen konnte. Bärenfleisch war zarter. Ein Hängebauchschwein züchtete Schröter selbst, bevor er daraus Suppen machte und sich dazu vom Literaten Rolfrafael Schröer Suppenlieder texten ließ.
Die Editionen der Eat-Art-Galerie wurden berühmt. Arman steuerte Marzipan-Beine bei, von denen Schröter heute sagt: "Die Figürchen haben einen Oberschenkelhalsbruch und werden mit Zahnstochern gehalten."
Roy Lichtenstein, der berühmte Pop-Künstler, schuf einen gelben Pinselstrich aus Lebkuchen, César einen dicken Daumen aus Zucker, der sich inzwischen magisch rot verfärbt hat. In die Museen schafften es Hasenköttel-Hasen von Dieter Roth.
Schröter erzählt: "Köttel und Stroh sollten in eine Hasenform gepresst werden, aber die Köttel fielen auseinander. Das lag am Trockenfutter, das die Tiere in einer Kaninchen-Züchterei in Lörick fressen mussten. Ich fuhr daraufhin nach Basel, wo ein Freund die Kaninchen Gras fressen ließ. Als mich der Zoll auf der Rückfahrt fragte, was ich im Kofferraum hätte, winkte ich ab: "Eigentlich nichts, nur Scheiße." Wegen Amtsbeleidigung ließ man mich nicht über die Schweizer Grenze; ich musste über Straßburg fahren."
Der Renner im Restaurant waren Tischplatten, auf denen das Essen serviert wurde. Schröter erzählt: "Kaum war das Essen vorbei, nahmen wir den Gästen die Platten ab, mit allem, was dort noch lag, und klebten es auf die Platten. Wir haben für 100 000 Mark Geschirr abgeklebt." Es wurden Spoerris "Fallenbilder", die dank des Klebers jedoch nicht herunterfielen.