Konzert Bruckner mit viel Zauberkraft
Der lettische Stardirigent Andris Nelsons gastierte mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra in der Tonhalle.
Düsseldorf. Der Lette Andris Nelsons (36) wird bereits hoch gehandelt als eventueller Nachfolger von Sir Simon Rattle im Amt des Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker. Noch steht er aber am Pult eines englischen Klangkörpers, des City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO) - eine Position, die bereits Rattle als Sprungbrett nach Berlin gedient hatte. Welche Gestaltungskraft Nelsons zur Verfügung steht, zeigte sich jetzt beim Heinersdorff-Konzert in der Tonhalle mit der Siebten Symphonie E-Dur von Anton Bruckner.
Bruckners „Siebte“ bedarf einer Interpretation mit sehr langem Atem, damit ihr nicht die Luft ausgeht. Ein Dirigent muss hier unermüdlich bei der Sache sein, um immer wieder große und kleine Steigerungen aufzubauen und unzählige Details auszuarbeiten. Nelsons gehört zu jenen Besessenen, die 70 Minuten lang Energie fließen lassen. Mit wachem Geist und ganzem Körpereinsatz steht Nelsons vor den Orchestermusikern und scheint sie geradezu zu beschwören.
Seine großen Hände setzt Nelsons ein wie ein Zauberer, der mit den Fingerbewegungen Dinge verändern oder schweben lassen kann. Der Pultmagier ließ nun Bruckners groß besetzte Symphonik schweben und sie eindrucksvolle Formen annehmen. Besonders intensiv gelangen die Dynamiksteigerungen vom gehauchten Pianissimo bis zum imposanten Orchester-Tutti. Am Ende des langsamen 2. Satzes vermisste man auch nichts als auf dem Kulminationspunkt der Beckenschlag ausblieb. Nelsons entschied sich für die ältere Originalfassung der „Siebten“, häufiger gespielt wird die leicht bearbeitete Version mit Beckenschlag. Aber Nelsons hat solche etwas äußerlichen Effekte offenbar nicht nötig, um den Ausdruck eines Emphase-Gipfels herzustellen.
Das Publikum war gebannt von der interpretatorischen Zauberkraft und spendete zuletzt begeistert Beifall. Der Abend begann derweil deutlich filigraner mit Mozarts Violinkonzert Nr. 4 D-Dur, Köchel-Verzeichnis 218. Das Solo spielte die lettische Geigerin Baiba Skride. Technisch bewegten sich hier Orchester und Violinistin auf hohem Niveau, allerdings wirkte der Klang trotz differenzierter Wiedergabe für Mozart-Verhältnisse etwas dick aufgetragen. Sehr innig gelang dabei aber der lyrische Mittelsatz. Auch für diese Darbietung gab es starken Applaus im großen Mendelssohn-Saal.