Christian Ehring: „Kabarettisten sind keine Revoluzzer“
Interview: Die WZ beginnt heute eine Serie mit Sommer- Gesprächen. Wir starten mit Christian Ehring, Mitglied im Ensemble des Kom(m)ödchens und seit 2006 rechte Hand von Kay Lorentz.
Herr Ehring, was machen Sie lieber: Frei herumtingeln oder an Ihrem Kom(m)ödchen-Schreibtisch arbeiten?
Ehring: Das Tingeln ist etwas weniger geworden, weil ich in meiner Zeit als freier Kabarettist merkte, dass die Arbeit im Team noch mehr Spaß macht. Ich bin im Prinzip gerne mit mir alleine, aber künstlerisch gefällt mir die Arbeit im Team besser. Da habe ich hier im Kom(m)ödchen eine ideale Konstellation gefunden: Ein kleineres Haus mit vielfältigen Aufgaben.
Ehring: Klar. Früher bin ich hier als Zuschauer hingekommen und dachte, es müsste großartig sein, hier zu arbeiten. Aber ich hätte es mir nicht träumen lassen, bis Kay Lorentz dann 1998 tatsächlich auf mich zukam.
Ehring: Ich wollte wieder in einem Ensemble arbeiten. Kay Lorentz hat mir dann neben der Tätigkeit im Ensemble auch mehr Verantwortung und einen eigenen Schreibtisch angeboten. So konnte ich den Betrieb von der anderen Seite kennen lernen. Das fand ich reizvoll.
Ehring: Mir gefällt diese Vielfelder-Wirtschaft. Ich kann schreiben, proben und spiele fast jeden Abend. Der Bürokram ist ein schöner Ausgleich. Ich kann mich so bei der Arbeit von der Arbeit erholen.
Ehring: Die Ideen kommen eigentlich überall, beim Duschen, Joggen oder Zugfahren. Außerdem natürlich bei der Zeitungslektüre. Ich suche beim Zeitungslesen auch gezielt nach Dingen, die ich verarbeiten kann. Morgens zu überlegen, was man abends auf der Bühne bringen kann, macht mir besonders Spaß. Das hält meine Auftritte für mich sehr lebendig. Und es ist ein Ventil. Man regt sich morgens über etwas auf und kann abends Witze darüber machen. Das hat durchaus therapeutische Funktion. Auch wenn man nichts an der Welt ändert.
Ehring: Nein, als Kabarettist ist man kein Revoluzzer. In den 50er und 60er Jahren, bei Lore Lorentz, gab es dieses Selbstverständnis noch, dass man mit der Kraft des Wortes die Gesellschaft verändern kann. Heute hat man eine Form von zynischer Lebenshaltung, die man nicht mehr ablegen kann.
Ehring: Ich hatte das Gefühl, das wird ein sehr schönes Programm. Aber dass das Publikum es so lange so gut annimmt, war uns nicht klar. Qualität und Erfolg hängen ja auch nicht immer miteinander zusammen. Es ist ein sehr großes Glücksgefühl, vor ausverkauftem Haus zu spielen. Ich hatte als Solist anfangs Auftritte, bei denen der Veranstalter mir um 17.30Uhr sagte, er habe zehn Reservierungen, und mit Glück kommen noch zehn Leute an die Abendkasse.
Ehring: Ja, zunehmend mehr. Auch wenn ich nicht gerade für Improvisationen geboren bin. Ich war lange jemand, der sich stark an den Texten orientiert hat. Mir gelingt es immer besser, es macht mir Spaß, aber ich muss mir das erarbeiten.
Ehring: In der Sommerpause wird renoviert, danach sitzt man im Kom(m)ödchen komfortabler. Und mit dem Ensemble spielen wir bis auf weiteres "Couch" und "Sushi". Da ist vorerst noch kein Ende in Sicht. "Sushi" hatte ja auch erst im Januar Premiere.
Ehring: Ja. Ich war ein sehr braver und zurückhaltender Junge. Ich habe mich für die Karriere als Organist und Messdiener entschieden. Im Grunde meines Herzens bin ich alles andere als ein Punk. Mir liegt das etwas Bürgerliche, dass auch das Kom(m)ödchen hat. Und Punk hätten mir auch meine Eltern nie erlaubt.
Ehring: Ich würde mich grundsätzlich als ernsthaften Menschen beschreiben. Privat bin ich keiner, der dauernd irgendeinen Witz erzählt. Und ich war auch nie der Klassen-Clown oder jemand, der gerne im Mittelpunkt steht. Ich war verklemmt, schüchtern und habe irgendwann erkannt, dass darin auch eine gewisse Komik liegt. Ich glaube, dass Komik und Lachen über das Leben mit die besten Strategien sind, mit dem Leben klarzukommen. Das hat eine sehr existenzielle Funktion.
Ehring: Ich würde gerne mal etwas Ernstes schreiben. Am liebsten ein Theaterstück.
Ehring: Ich lese sehr gerne. Wenn man dafür Geld bekäme, könnte ich das den ganzen Tag machen. Gerade habe ich den Autor William Boyd für mich entdeckt.
Ehring: Ich fahre ein bisschen ins Allgäu. Peer Steinbrück hat mal gesagt, man muss mehr Urlaub im eigenen Land machen. Und Deutschland ist ja auch schön.
Ehring: Ich liebe den Rhein. Dort sitze ich gerne oder fahre mit dem Rad. Als Ausflugsziel kann ich Schloss Benrath sehr empfehlen. Das ist jetzt aber wahrscheinlich kein Geheimtipp. Man merkt am Wochenende, dass sich das schon rumgesprochen haben muss.
Ehring: Ich habe zehn Jahre lang in Köln gewohnt und wollte erst gar nicht nach Düsseldorf. Aber seit ich hier wohne, wird es immer besser. Die Stadt ist mir richtig ans Herz gewachsen. Ich finde Düsseldorf zunehmend lebenswert, von Jahr zu Jahr mehr. Ich weiß gar nicht, wo das enden soll.