Christoph Luser: „Ich bin ein fahrender Schauspieler“
Christoph Luser startete seine Karriere in Düsseldorf. Nach zehn Jahren und Stationen in München und Wien spielt er wieder hier.
Düsseldorf. Christoph Luser ist zurück in Düsseldorf. Sein Gesicht ist ernster, reifer geworden. Aber auch dünnhäutiger. Seine Stimme klingt fest, aber leise zurückhaltend, beinahe scheu. In zehn Jahren ist viel geschehen: Hinter ihm liegt eine Karriere in Film, Fernsehen und Theaterhäusern.
Mit 20 brach Luser das Schauspielstudium in seiner Heimat Graz ab, um im Ensemble der früheren Düsseldorfer Intendantin Anna Badora zu spielen. Er glänzte in Hauptrollen und in Uraufführungen wie dem internet-kritischen „Norway. Today“, mit dem Luser Nachwuchsschauspieler des Jahres wurde.
Nach München und Wien ist er zurückgekehrt an den Rhein. Schön, alte Bekannte und Freunde wiederzusehen, sagt er. Neu für ihn ist das Central am Hauptbahnhof. Fürs Publikum habe der Ort ja seinen Reiz, für Schauspieler weniger: Eine Probebühne ohne Tageslicht? Egal. Luser wollte den Beginn der Intendanten-Ära Holm miterleben und sehen, was passiert. „Spannend fand ich es, dass die Düsseldorfer einen Schweden genommen haben.“
Nun steht der 31-Jährige zweimal als Gast auf den Brettern am Gründgens-Platz. In Houellebecqs „Karte und Gebiet“ als Künstler Jed Martin. Und in „Marija“ von Isaak Babel. Houellebecqs Romane habe er fast alle gelesen. Ein bizarrer Autor, der sich selbst zur Kunstfigur macht — das habe viel mit unserer Zeit zu tun.
Lusers Leistung in der Falk Richter-Inszenierung, seine ausdrucksstarke Sprache wurden wieder hochgelobt, auch von bundesweiter Kritik. Morgen ist er als Cello spielender Golizyn in „Marija“ zu sehen. Regie führt Andrea Breth. Die sei die Beste, meint er. Unbedingt wollte er mal mit ihr arbeiten und lernte deswegen sogar Cello spielen.
Luser wirkt müde, angespannt, guckt auf die Uhr. Unruhige Konzentration. Obwohl er sich schon mit 31 den Luxus leisten kann, als freier Schauspieler zu arbeiten, nur die Rollen anzunehmen, die ihn reizen. Derzeit spielt er an 24 Abenden pro Monat — in Düsseldorf, Köln und Wien. Das Herumreisen und die vielen Vorstellungen strengen ihn an. Das will er ändern, wenn die Stücke mal abgespielt sind. Dann will er mehr filmen, ist aber wählerisch. Wegen des leichter verdienten Geldes nimmt er kein Angebot an.
In Düsseldorf hat er eine kleine Gästewohnung, in Wien ein Hotelzimmer. Kein fester Wohnsitz? „Ich bin fahrender Schauspieler und habe immer alles bei mir.“ Eine richtige Wohnung hatte er zuletzt in München, wo er sieben Jahre im Residenztheater engagiert war. Zu früh flogen ihm dort die großen Rollen zu, meint er. Hamlet, Orest — das spielte er mit Mitte 20.
Dann lockten Film und Fernsehen, wie die Hauptrolle in dem schwarzhumorigen Krimi „Der Knochenmann“ vom Österreicher Wolfgang Murnberger. Premiere war 2009 bei der Berlinale. Wer schafft das schon mit 28 Jahren? Der Preis für den schnellen Erfolg, von dem Gleichaltrige nur träumen? „Ich habe extrem hart gearbeitet und dadurch viel Berufs-, aber keine Lebenserfahrung.“
Das klingt ernüchternd. Vor zwei Jahren spürte er Erschöpfung und hatte das Gefühl: „Es gibt keine Überraschungen mehr.“ Kurz entschlossen nahm er eine Auszeit für ein ganzes Jahr. So flog Luser alleine nach Südamerika, blieb zuerst in Buenos Aires, obwohl er niemanden kannte. Der Österreicher lernte Spanisch und Tango, machte viele Bekanntschaften, fuhr mit dem Bus nach Kolumbien und Mexiko.
Warum dorthin? Egal, nur weg. Dorthin, wo ihn niemand kennt. Zunächst hatte er Bedenken: „Vielleicht ist man ja schnell vergessen, wenn man mal eine Spielzeit aussetzt.“ Kaum zurück, bekam er seine nächste Rolle, am Wiener Burgtheater.